Zwangsabgabe für Sparer Zypern-Chaos entzweit Deutschlands Euro-Retter
Die geplante Zwangsabgabe für Kleinanleger bei der Zypern-Rettung sorgt für Wut und Kritik - auch in Berlin. In der Bundesregierung herrscht Zwist über den richtigen Kurs. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble geraten unter Druck.
Berlin - In der Euro-Krise gab es eine feste Regel. Wann immer in Brüssel milliardenschwere Rettungsbeschlüsse gefasst wurden, versäumte es die Bundesregierung nicht, die eigene Rolle zu betonen. Ob bei Griechenland, Irland oder Spanien - stets beeilte sich die Koalition, in den Hilfsmaßnahmen die deutsche Handschrift herauszustellen.
Jetzt ist Zypern an der Reihe. Und alles ist auf einmal anders.
Mit dem Rettungspaket für den Inselstaat, auf das sich die Euro-Finanzminister am Samstagmorgen verständigten, will Berlin möglichst wenig zu tun haben. "Deutschland hätte sich auch eine andere Lösung vorstellen können", betont der Regierungssprecher. "Dieses Modell ist nicht das, mit dem Deutschland angetreten ist", heißt es im Finanzministerium von Wolfgang Schäuble (CDU). Die Botschaft: Schuld an der Einbeziehung der Kleinsparer sind die anderen.
Die Distanz zu den Maßnahmen fügt sich ein in das Durcheinander, das die Krisenmanager mit ihrem Hilfspaket verursacht haben. Dass erstmals auch Kleinsparer für ein Rettungspaket herangezogen werden sollen, sorgt für Unruhe. Was geschieht in Krisenländern wie Italien oder Spanien? Wird dort vorsorglich Geld zu Hause gebunkert? Und was ist mit deutschen Spareinlagen? Die Börsen sind nervös, die Koalition in Berlin ist sich uneins. Es herrscht maximale Verwirrung.
Bloß keine Unruhe verbreiten
Angela Merkels Sprecher muss in der Bundespressekonferenz eines klarstellen: Zypern sei ein "Sonderfall", die Einlagengarantie der Kanzlerin aus dem Jahr 2008 für hiesige Guthaben gelte weiter. Im Übrigen, sagt er, sollte man nicht Unruhe in anderen Ländern "und auch in Deutschland unter Sparern verbreiten."
Die Unruhe kommt aus der Koalition selbst. Die FDP kann mit dem ursprünglichen Zypern-Beschluss wenig anfangen. "Gerade die Kleinsparer dürfen nicht für die Schuldenkrise verantwortlich gemacht werden", sagt Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr. Auch Außenminister Guido Westerwelle äußerte sich intern "sehr kritisch" und riet dazu, Kleinsparer auszunehmen. FDP-Chef Philipp Rösler regt eine Freigrenze für zyprische Sparguthaben bis 25.000 Euro an. Gesundheits- und Außenminister rügen indirekt den eigenen Finanzminister für dessen Agieren in Brüssel - ein bemerkenswerter Vorgang.
Die Sozialdemokraten geben sich empört. "Der leichtfertige Dilettantismus, mit dem das Vertrauen in die Finanzstabilität durch diese Entscheidung erschüttert wurde, ist erschreckend", sagt der SPD-Haushälter Carsten Schneider. Für die neueren Verunsicherungen trage der Bundesfinanzminister "eine wesentliche Verantwortung".
Die CSU hingegen verteidigt Schäuble. "Die Zypern-Entscheidung liegt voll auf der Linie unserer bisherigen EU-Rettungspolitik, und die heißt: Hilfen nur gegen Auflagen und eigene Anstrengungen", sagt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. "Eine Euro-Rettung für Zypern, ohne dass zyprische Banken und deren Anleger herangezogen werden, wird es nicht geben. Die SPD sollte sich nicht zum Handlanger derer machen, die den Eigenbeitrag Zyperns verkleinern wollen", so Dobrindt.
Bundestag entscheidet auch über das Wie
Wie geht es nun weiter? Die zyprischen Volksvertretung werde sich am Dienstag mit dem Hilfsplan befassen, teilte Parlamentspräsident Giannakis Omirou in Nikosia mit. Die Sondersitzung des Parlaments war zuvor bereits von Sonntag auf Montag verschoben worden. Noch ist nicht gänzlich klar, über was der Bundestag abzustimmen hat. Die Planspiele laufen: "Möglichst zeitnah" könnte der Bundestag seine Zustimmung zum "Ob" geben, heißt es. In einem zweiten Schritt, etwa in der zweiten Aprilhälfte, könnte dann eine Entscheidung über das "Wie" der Maßnahmen durch das Parlament fallen, heißt es aus dem Finanzministerium.
Wenn sie sich in Berlin Gedanken über die Kleinsparer machen, ist auch ein Stück Wahlkampf im Spiel. Kleinsparer, das sind nicht nur die Zyprer, sondern auch viele Millionen hierzulande. Modelle, diese zu schonen, kursieren bereits: Vizekanzler Rösler schlägt vor, Sparguthaben bei Banken bis 20.000 oder 25.000 Euro nicht zu belangen, dafür die Abgabe für Guthaben über 100.000 Euro zu vergrößern. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kann sich 15 Prozent für Großsparer vorstellen - statt bislang 9,9 Prozent.
Die Gesamtsumme, die Zypern aus eigenen Mitteln für die Rettung liefern soll - 5,8 Milliarden Euro - soll aber nicht angetastet werden. "Wie das Land den Beitrag aufbringt, wie es das staffelt, das war und ist Sache der zyprischen Regierung", sagt Merkels Regierungssprecher.
Mitarbeit: Annett Meiritz