Waffenexporte Union greift Gabriel an
Wirtschaftsminister Gabriel will die deutschen Rüstungsexporte einschränken. Politiker von CDU und CSU werfen dem SPD-Vorsitzenden Unehrlichkeit vor und fürchten um Deutschlands Ruf in der Nato.
Berlin - Rüstungsexporte sind für keinen Politiker ein angenehmes Thema, doch für den Vorsitzenden der sich selbst "Friedenspartei" nennenden SPD sind sie besonders delikat. Vermeiden kann Sigmar Gabriel das Thema nicht, schließlich ist er auch Wirtschaftsminister und muss jede Panzerlieferung persönlich genehmigen.
Am Wochenende kündigte er an, das künftig "deutlich vorsichtiger" zu tun. Im Bereich der Überwachungstechnik setzt der SPD-Politiker seine neue Doktrin offenbar schon um: Der Zoll wurde angewiesen, Technik deutscher Firmen, mit der Unrechtsregime ihre Bürger überwachen können, strenger zu kontrollieren.
Aus der Union kommt Kritik an Gabriels Ankündigung: "Herr Gabriel ist hier unehrlich", sagt der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl SPIEGEL ONLINE. Besonders ärgert sich Uhl über Gabriels zögerliche Haltung beim Export des Leopard-Panzers nach Saudi-Arabien. "Saudi-Arabien ist ein Stabilitätsanker in der Region. Wir sind gut beraten, das Land zu stärken und auch mit Rüstungsgütern zu beliefern."
"Das wäre politisch und wirtschaftlich fatal"
Gabriel zeichne ein "Zerrbild der Realität", sagt Uhl, in dessen Wahlkreis der Leopard-Hersteller Krauss-Maffei Wegmann und weitere Rüstungshersteller sitzen. "Unter Gerhard Schröder hat Deutschland Tausende Präzisionsgewehre in das Land exportiert. Mit diesen Waffen kann man einen Aufstand eher bekämpfen als mit einem 60 Tonnen schweren Panzer!"
Uhl warnt zudem, dass durch Abwanderung der Rüstungsindustrie Zehntausende Arbeitsplätze bei Rüstungsfirmen und ihren Zulieferern in Gefahr seien. "Wenn Gabriel ehrlich ist, muss er sagen: Wir wollen euch nicht mehr, ihr könnt gehen." Im Ausland werde der Industrie allerdings der rote Teppich ausgerollt.
Auch Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sieht "gar keine Notwendigkeit, Rüstungsexporte künftig noch sanfter anzufassen". Im Gegenteil: "Genehmigungen liegen bei uns schon jetzt ewig. Bei internationalen Rüstungsprojekten halten uns unsere Verbündeten nicht mehr für verlässlich", sagt er SPIEGEL ONLINE. Langfristig werde Deutschland bei Rüstungsvorhaben innerhalb der Nato außen vor gelassen, fürchtet der CDU-Politiker. "Das wäre politisch und wirtschaftlich fatal."
Gabriel müsse im Europawahlkampf wohl linke Strömungen in seiner Partei beruhigen, mutmaßt Pfeiffer. "Gabriels Vorstoß ist innenpolitisch motiviert, außenpolitisch ist er äußerst schädlich."
Linke wirft Gabriel "schlechte Ausrede" vor
Wie der SPIEGEL berichtet, exportierte die Industrie in den vier Monaten, die Gabriel das Wirtschaftsministerium führt, jedoch sogar mehr Waffen in Drittstaaten außerhalb von EU und Nato als im entsprechenden Zeitraum zuvor.
Alles Altlasten, verteidigt sich Gabriel, genehmigt von seinem FDP-Vorgänger. Für den Linken-Abgeordneten Jan van Aken ist das "eine schlechte Ausrede". Das Kriegswaffenkontrollgesetz sehe ausdrücklich vor, dass auch genehmigte Waffenexporte zurückgenommen werden könnten. "Gabriel traut sich einfach nicht."
Der Wirtschaftsminister steht in der Frage von Waffenexporten also von zwei Seiten unter Feuer. Und dann hat die SPD noch ihren ganz eigenen Rüstungsskandal: Zwei frühere SPD-Abgeordnete sollen in den frühen Nullerjahren fünf Millionen Euro von Krauss-Maffei Wegmann erhalten haben, damit sie Panzergeschäfte mit Griechenland ermöglichen.