Fernverkehr Deutsche Bahn erhöht Ticketpreise
Bahnreisende müssen sich auch in diesem Jahr auf steigende Preise einstellen. Laut Konzernchef Lutz sollen die Erhöhungen aber deutlich unter der Inflationsrate liegen.
Bahnreisen wird Ende des Jahres teurer: Die Deutsche Bahn will in diesem Jahr ihre Ticketpreise wieder erhöhen. "Im Durchschnitt werden die Preise des Fernverkehrs deutlich unterhalb der Inflationsrate steigen, die derzeit bei rund zwei Prozent liegt." Das sagte Bahn-Chef Richard Lutz den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Den Anstieg bezeichnete der Bahnchef als moderat. "Wir wollen mit unserer Preispolitik Wachstum und Auslastung unterstützen." Der Preisanstieg tritt zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember in Kraft. Im vergangenen Jahr waren Fahrkarten im Fernverkehr durchschnittlich um 0,9 Prozent teurer geworden, ein Jahr zuvor um 1,3 Prozent. In den beiden Vorjahren hatte es Nullrunden gegeben, damit nicht zu viele Kunden zu den neuen Fernbus-Anbietern abwandern.
Ziel der Preispolitik sei es, die Züge besser auszulasten und Wachstum zu unterstützen. Kunden kennen das Prinzip: Oft ist es billiger, etwa am Samstagmorgen zu fahren als am Freitagnachmittag. "Uns gelingt es bereits, Kunden über die Spar- und Supersparpreise in weniger ausgelastete Züge zu bringen", erklärte Lutz. Diese Steuerung werde man aber auch nicht überstrapazieren.
Die Pünktlichkeit der Bahn will Lutz vor allem durch die Digitalisierung der Strecken verbessern: "Der Schlüssel für eine gute Betriebsqualität und Pünktlichkeit ist die Kapazität." Im bisherigen Jahresdurchschnitt lag die Pünktlichkeit dem Bahn-Chef zufolge bei 76 Prozent. "Die Pünktlichkeit ist noch nicht dort, wo wir sie uns wünschen", sagte Lutz.
Auch der Bund als Eigentümer der Bahn zeigt sich unzufrieden. "Das muss besser werden, und das wird es auch", betonte erst am Mittwoch Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann. Eine Ursache sieht er im früheren Sparkurs. "Unter dem Abbau von Schienenwegen in der Ära Hartmut Mehdorn leiden wir heute noch", sagte Ferlemann der "Welt". Bei Störungen gebe es nicht genug Umfahrungsmöglichkeiten.
Lutz spricht von einem Dilemma. "Während wir immer mehr Baustellen haben, nimmt erfreulicherweise die Zahl der Reisenden zu." Im ersten Halbjahr unternahmen die Kunden 70,9 Millionen Fahrten in ICE- und Intercity-Zügen, so viele wie nie. Die Infrastruktur werde knapp, etwa in Nordrhein-Westfalen. "Sind Strecken stark befahren, sorgt schon ein verspäteter Zug im ganzen System für Verzögerungen."
Der Bahnchef nannte die Vorgabe der Bundesregierung "anspruchsvoll", bis 2030 die Fahrgastzahl zu verdoppeln. "Wir werden die Verdoppelung schaffen, und wenn es das eine oder andere Jahr länger dauert, wäre es immer noch einen fantastische Wachstumsgeschichte."
Im kommenden Jahr will die Bahn zudem mindestens 15.000 neue Mitarbeiter einstellen, kündigte Lutz an. "Wir wollen wachsen und werden im nächsten Jahr mindestens 15.000 Mitarbeiter neu einstellen. In diesem Jahr werden es mindestens 19.000 sein", sagte der Bahn-Chef den Funke-Blättern.
Trotz des fortschreitenden autonomen Fahrens würden auch in den nächsten Jahren Lokführer "unbedingt weiter gebraucht", sagte Lutz. "Es wird noch ziemlich lange bis zu einem fahrerlosen Betrieb auf unseren Schienen dauern", sagte der Bahn-Chef.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde der Name des Bahnchefs irrtümlich verwechselt. Wir haben den Fehler korrigiert.
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brt/abl/dpa/AFP