Einigung zwischen EU und USA FBI darf auf Passagierdaten zugreifen
Nach wochenlangem Streit haben die EU und die US-Regierung neue Regeln zur Weitergabe von Flugpassagierdaten besiegelt. Die USA sollen deutlich leichter Zugriff auf persönliche Daten von europäischen Reisenden bekommen - jede Anti-Terror-Behörde darf sie künftig einsehen.
Luxemburg - Unterhändler von EU und USA haben sich in einer neunstündigen Videokonferenz auf ein neues Abkommen zur Weitergabe von Passagierdaten für Anti-Terror-Ermittlungen geeinigt. Demnach dürfen die US-Behörden künftig noch einfacher auf persönliche Angaben zu allen europäischen USA-Reisenden zugreifen. Alle amtlichen Terrorfahnder in den USA bekommen die Fluggastdaten von einer zentralen Stelle.
Den ersten Zugriff auf die Daten hat dabei laut EU-Justizkommissar Franco Frattini das US-Ministerium für Heimatschutz, das nach den Anschlägen des 11. September 2001 geschaffen wurde. Aber auch die US-Bundespolizei FBI kann nun einfacher auf die Informationen zugreifen.
Bisher hatte in der Regel nur der US-Zoll Zugriff auf bis zu 34 persönliche Daten wie E-Mail-Adressen, Kreditkarten- und Telefonnummern der Reisenden. Im Einzelfall konnte er die Informationen an andere Sicherheitsbehörden weitergeben. Nun wird der Zugriff für alle US-Behörden mit Anti-Terror-Aufgaben erleichtert.
Justizkommissar Frattini versprach ein hohes Niveau des Datenschutzes und verwies auf die Details des neuen Abkommens. Demnach sollen die US-Behörden nicht mehr wie bisher direkt auf die Registrierungssysteme der Fluggesellschaften zugreifen können. Vielmehr müssen sie künftig die bis zu 34 Datensätze, die in den Computersystemen der Airlines gespeichert sind, gesondert anfragen.
Zur reibungslosen Umsetzung dieses Verfahrens müssen laut Frattini allerdings zunächst Filter in die Computersysteme eingebaut werden. Die neue Vorgehensweise, die einzelne Fluggesellschaften schon anwenden, soll noch vor Jahresende getestet werden.
Das jetzige Abkommen muss auf jeden Fall noch von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten gebilligt werden, bevor es in Kraft treten kann. Dieser Beschluss wird für kommende Woche erwartet.
Die neuen Regeln sollen vorläufig bis Juli 2007 gelten. Bis dahin wollen EU und USA ein vollständig neues Abkommen zur Weitergabe der Daten beschließen.
EU-Unterhändler Jonathan Faull forderte einen Austausch von Passagierdaten auch innerhalb Europas. Er sagte, die Zahl der übermittelten Daten ändere sich künftig nicht, außerdem hätten interessierte Behörden die Daten auch jetzt schon erhalten - nur die Übermittlung werde erleichtert. Faull schloss nicht aus, dass auch der US-Geheimdienst CIA die Angaben bekommt.
Die alten Regeln waren am vergangenen Sonntag ausgelaufen, nachdem der Europäische Gerichtshof sie aus formalen Gründen für ungültig erklärt hatte. Seitdem greifen US-Behörden zwar weiter auf die Daten der EU-Reisenden zu - allerdings in einer juristischen Grauzone. Seit 2004 übermitteln alle Fluggesellschaften bei Transatlantikflügen die 34 Datensätze zu jedem Passagier an die USA.
Strittig war jetzt in den Verhandlungen nicht die Art oder Anzahl der Daten, die weitergegeben werden - sondern die Frage, welche US-Behörden Zugriff erhalten und ob die Angaben gespeichert werden. Die US-Unterhändler beharrten darauf, die Daten künftig auch dem FBI zugänglich zu machen. In der EU war diese Weitergabe aus Datenschutzgründen heftig umstritten.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) begrüßte die Einigung zwischen EU und USA. "Es bleibt bei einem hohen Datenschutz-Niveau", sagte sie heute am Rande des EU-Justizministertreffens in Luxemburg. "Deshalb habe ich keine Bedenken." Bei der Aushandlung des endgültigen Abkommens bis Juli müsse die EU aber noch "Fragen des Datenschutzes konkretisieren". So müsse etwa über die Frage verhandelt werden, wie lange die Daten der EU-Reisenden gespeichert werden könnten. Nach den bisherigen Regeln konnten die USA bis zu dreieinhalb Jahre lang auf die Daten zugreifen.
Deutlich kritischer äußerte sich der Innenexperte der SPD-Europaabgeordneten, Wolfgang Kreissl-Dörfler. Die EU habe die "Kröte" schlucken müssen, dass die Passagierdaten nun auch US-Sicherheitsbehörden wie dem FBI zur Verfügung gestellt würden. Er äußerte die Hoffnung, diesen Passus aus einem endgültigen Abkommen wieder streichen zu können.
har/AFP/AP/dpa