Eintrittspreise in Spanien Schlammschlacht um Touristen
Erstmals müssen Spanien-Urlauber für ein Stadtfest Eintritt bezahlen: Zehn Euro kostet die Teilnahme an der weltbekannten Tomatina in Buñol. Zusätzliche Tourismuseinnahmen sollen die Folgen der Krise abfedern - auch andere Attraktionen des Landes erhöhten zuletzt massiv ihre Preise.
Spaniens bekanntestes Matschbad kostet künftig Geld: Touristen müssen zehn Euro zahlen, um bei der Tomatina am 28. August dabei zu sein. Die Luxusteilnahme im VIP-Bereich kostet sogar 150 Euro.
Für Buñol, eine 10.000-Einwohner-Kleinstadt in der Mittelmeerprovinz Valencia, soll das einzige Großereignis im Kalender damit noch mehr als bisher zu einem lukrativen Geschäft werden. Eigentlich nur konsequent, denn in Spanien sind die Kassen leer, die Bürger weitestgehend geschröpft.
Misswirtschaft, Korruption und politische Selbstbedienungsmentalität haben das Land an den Rand des Kollapses gebracht. Kein Wunder, dass die Stadt- und Gemeindesäckel dringend Finanzspritzen von außerhalb brauchen. Dafür sollen derzeit vermehrt heftige Aufschläge im Tourismusbereich sorgen.
15.000 Tickets im Internet
Die Tomatina hat ihren Ursprung in einem Streit unter Jugendlichen Mitte der vierziger Jahre. Daraus ist am jeweils letzten Mittwoch im August ein Spektakel, eine "Schlacht" erwachsen, bei der sich die Teilnehmer mit insgesamt 100.000 Kilogramm reifen Tomaten bewerfen. Lastwagen liefern die Munition an. Am Ende bleiben kein Hemd und kein Auge trocken, dann wälzen sich überwiegend junge Leute in den zermatschten Tomatenmassen.
Sinn und Spaß sind umstritten. "Die Tomatina ist eine Schande für Buñol", schreibt etwa die Einwohnerin María Josefa in einem Online-Forum. "Trotz der Krise erlauben wir uns in Spanien, dieses Nahrungsmittel, das uns die Natur gegeben hat, einfach zu verschwenden."
Die Veranstalter sehen das anders, sie verweisen auf den touristischen Stellenwert der roten Matschorgie. "Zu uns kommen sogar Japaner und Gäste aus den USA", sagt der in Buñol für das Event zuständige Stadtrat Rafael Pérez. Da es nirgendwo sonst in Spanien Vergleichbares gibt, setzen die Rathauslenker bei der Gebührenerhebung ganz auf die Bekanntheit der Tomatenparty.
Während die Einwohner 5000 Karten kostenlos erhalten, werden per Internet 15.000 Tickets auf den Markt gebracht, was der Stadt im Idealfall zu 150.000 Euro Einnahmen verhelfen würde. Mindestens, denn der VIP-Zuschlag käme bei einigen noch hinzu. Nach der Online-Order wird man, so sieht es die Planung vor, den Ausdruck der Teilnahmebestätigung vor Ort in ein Armband umtauschen.
Die offizielle Begründung für die Gebührenerhebung: "Da das Fest immer erfolgreicher wurde und die Teilnehmerzahl stetig anstieg, ist die Gemeindeverwaltung aus Gründen der Sicherheit dazu übergegangen, den Zutritt zu einem der größten Volksfeste der Region Valencia zu limitieren." Das freilich ginge auch ohne Geld.
Zufahrt zum Strand gegen Bares
Werden also Touristen abgezockt, damit sie noch mehr Geld in Spanien lassen? Dafür gibt es in dem Land derzeit eine Vielzahl weiterer Beispiele. In der Region Katalonien wird mittlerweile eine gesonderte Touristenabgabe bei Übernachtungen erhoben. Landesweit haben sich die Eintrittspreise für Monumente und Museen teils drastisch erhöht.
In der Kathedrale der Jakobswegstadt León zum Beispiel stieg der Eintritt in diesem Jahr um bis zu 60 Prozent, die Kathedrale von Burgos kassiert nun sieben statt fünf Euro. In Barcelona kostet der Zutritt ins Jugendstilgebäude Casa Batlló 20,35 Euro.
Und wer auf der Baleareninsel Formentera die beiden schönsten Strände im Naturpark Ses Salines ansteuern will, die Platja de ses Illetes und die Platja de Llevant, muss bei der Zufahrt an einer Mautstation vorbei. Vier Euro für Vespas, sechs Euro für Autos, in der Nebensaison ist es etwas günstiger.
"Ursprünglich wollte man bei der Strandzufahrt sogar von uns Einheimischen abkassieren, da haben wir uns geweigert und sind einfach nicht mehr hingefahren", sagt Asier, Besitzer einer Nautikschule im Hafenort Sa Savina. Heutzutage zahlen nur noch motorisierte Auswärtige, für Radler und Fußgänger bleibt der Zugang vorerst noch frei. Die Einnahmen aus der Gebühr kämen dem Naturpark zugute, sagen Vertreter des Inselrats von Formentera, ohne jedoch genauere Nachweise zu erbringen.
Gebühren - auf Dauer ein Eigentor?
Mittlerweile wird außerdem diskutiert, ob man von den zahlreichen Yachtbesitzern, die Formentera vor allem im Juli und August aufsuchen, in Zukunft eine "Ankergebühr" verlangen soll. Je nach Lage und Bootsgröße könnte der Tagestarif zwischen sechs und 370 Euro schwanken. "Unglaublich", findet Asier. "Wenn man damit wenigstens den Schutz der Seegraswiesen finanzieren wollte! Doch im Grunde geht es nur ums Geld."
Stellt sich Spanien mit all solchen Gebühren im Fremdenverkehr nicht auf Dauer ins Abseits? Der Tourismus macht einen Anteil von elf Prozent am Bruttoinlandsprodukt aus, 2012 kamen annähernd 58 Millionen Besucher ins Land.
Werden sie in Zukunft nur noch gegen Bares an die Strände gelangen? Und werden weitere Volksfeste nur noch gegen Gebühr zugänglich sein? Wahrscheinlich werden die 15.000 Tickets für die Tomatina problemlos verkauft werden - weitere Veranstalter großer Events dürften da hellhörig werden.