Kuala Lumpur Ein bisschen Rio in Malaysia
Beim Festival "Colours of Malaysia" feiern 7000 verkleidete Akteure auf den Straßen von Kuala Lumpur. Das bunte Volk lässt sich bei lauter Musik durch die Nacht treiben - und verwundert mit seinem ausgelassenen Jubel so manchen Europäer.
Im Zentrum von Kuala Lumpur werden Erinnerungen an das Sambadrom von Rio de Janeiro wach. Der Merdeka-Platz, direkt vor dem Glockenturm des Sultan-Abdul-Samad-Gebäudes, ist von Zuschauertribünen gesäumt, zwischen denen drei Stunden lang etwa 7000 farbenfroh gekleidete Festivalakteure vorbeiziehen. Neben traditionellen Kostümen und Tänzen bestimmen Themenwagen und ausgelassene Musik den Zug.
Vieles ähnelt dem brasilianischen Vorbild, und doch unterscheiden sich die "Colours of Malaysia" deutlich vom Karneval in Rio. Die Initiative geht in Kuala Lumpur vom Tourismusministerium aus, das Fest ist nicht ganz so pompös wie in Rio. Statt Sambaschulen treten hauptsächlich Schüler und Studenten auf. Und statt nackter Haut wird eine auf Toleranz basierende Vielvölkerkultur zelebriert. Zuweilen driftet die Parade in eine Werbeveranstaltung für Schuhe oder Shoppingzentren ab.
Doch die jungen Leute sind mit Begeisterung dabei und ziehen das Publikum in ihren Bann. Immer wieder stoppen die Tanz- und Musikgruppen vor der Haupttribüne, um Szenen aus der Geschichte und Gegenwart des Landes nachzuspielen. Nach dem Ende des Umzugs startet auf dem Merdeka-Platz ein Konzert mit der einheimischen Rockqueen Ella. Pop, HipHop und was die aktuelle Musikszene sonst noch zu bieten hat, reißen die jugendlichen Teilnehmer mit. Es wird getanzt und gejubelt, und der Besucher aus Europa fragt sich, ob er denn tatsächlich in einem islamisch geprägten Land zu Gast ist.
Gläserne Brücke in 170 Meter Höhe
Nachdem die Party auf der Straße gegen Mitternacht langsam ausklingt, zieht es eine ganze Reihe von Teilnehmern in die angesagten Clubs der Stadt. Beliebtestes Ziel ist die Sky Bar im Traders Hotel. Rund um den Pool in der Mitte der Bar wird kräftig getanzt, und so ganz nebenbei kann man beim Cocktail die benachbarten Petronas Towers im Glanz nächtlicher Scheinwerferbeleuchtung bewundern.
Ein junges Paar weiß, wie man ganz ohne Schlangestehen an die begehrten Tickets für die Sky Bridge kommt, und so trifft man sich am nächsten Morgen am Eingang der Petronas Towers, dem einst mit 452 Metern höchsten Gebäude der Welt. In atemberaubender Geschwindigkeit katapultiert der Fahrstuhl die Besucher in 170 Meter Höhe, wo die beiden Türme mit einer gläsernen Brücke verbunden sind - ein beeindruckender Aussichtspunkt.
Von hier oben bekommt man einen guten Eindruck von der 1,5 Millionen Einwohner zählenden Metropole. Minarette der Moscheen, chinesische Pagoden und Hindu-Tempel wechseln sich mit den Wolkenkratzern internationaler Banken ab, und immer wieder lockern grüne Parks das Stadtbild auf.
Tradition und Moderne gehen in der Metropole eine enge Symbiose ein. Längst ist Kuala Lumpur zu einem internationalen Finanzzentrum geworden. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Alltagsleben wider. Junge Leute treffen sich gern in schicken Restaurants und in den riesigen Einkaufstempeln am Fuß der Petronas Towers, wo man so ziemlich alles vorfindet, was in der Modewelt Rang und Namen hat. Die Farben des modernen Malaysias sind die der Kreationen von Gucci bis Ferragamo.
Michael Juhran/dpa/dkr