Premieren-Sieger Rosberg "Im Silberpfeil zu gewinnen, ist Wahnsinn"
"Ich bin sehr glücklich, sehr aufgeregt": Die Freude bei Silberpfeil-Pilot Nico Rosberg über seinen ersten Formel-1-Sieg ist riesig. Auch bei seinem Mercedes-Team war die Erleichterung nach der langen Durststrecke zu spüren. Von Titel-Chancen wollte trotzdem keiner sprechen.
Shanghai - Es konnte gar nicht schnell genug gehen. Kaum hatte Nico Rosberg seinen Mercedes abgestellt, kletterte der 26-Jährige auch schon aus seinem Cockpit. Rosbergs Jubel über seinen ersten Formel-1-Sieg war überschwänglich. "Es ist der Hammer, eine Sensation. Im Silberpfeil zu gewinnen, ist Wahnsinn", sagte er nach seinem Erfolg beim Großen Preis von China. "Ich bin sehr glücklich, sehr aufgeregt", so Rosberg: "Es ist ein unglaubliches Gefühl."
Einer der ersten, der am Sonntag mit Rosberg jubeln durfte, war Norbert Haug. Der Mercedes-Motorsportchef wartete im Parc Fermé bereits auf seinen Piloten und umarmte ihn anschließend innig. "Natürlich bin ich stolz", sagte der 59-Jährige nach der Siegerehrung im TV-Sender Sky. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon 78 Glückwunsch-SMS bekommen.
Es war nicht nur Rosbergs erster Triumph, sondern auch der erste Sieg eines Werks-Mercedes seit September 1955. Damals hatte der fünffache Weltmeister Juan Manuel Fangio im Silberpfeil den Großen Preis von Italien gewonnen. Zudem ist Rosberg nach Wolfgang Graf Berghe von Trips, Jochen Mass, Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen, Ralf Schumacher und Sebastian Vettel der siebte deutsche Grand-Prix-Sieger.
In seinen ersten beiden Saisons bei Mercedes war Rosberg gegen die stärkere Konkurrenz meist chancenlos gewesen. Insgesamt drei dritte Plätze hatte er feiern können. In Shanghai ging Rosberg in seinem 111. Rennen erstmals von der Pole-Position ins Rennen - und fuhr der Konkurrenz direkt weg. "Wir haben zwei Jahre darauf hingearbeitet. Es ist wunderbar zu sehen, wie schnell wir Fortschritte machen", sagte Rosberg. Trotzdem habe er nicht gedacht, dass es schon am Sonntag klappen würde.
Kontinuierlich baute Rosberg nach seinem guten Start den Vorsprung aus, erst nach dem ersten Renndrittel entwickelte sich ein spannender Zweikampf zwischen dem Deutschen und McLaren-Pilot Jenson Button. Doch im Gegensatz zum Engländer musste Rosberg nur zweimal und nicht dreimal an die Box. "Es ging heute nur ums Reifenschonen", sagte Rosberg. Im Ziel hatte er 20,6 Sekunden Vorsprung auf Button.
Mercedes bleibt trotz des Sieges Bescheiden
"Es war ein perfektes Rennen", so Rosberg, dessen Vater Keke 1982 Weltmeister geworden war und insgesamt fünf Formel-1-Rennen gewonnen hatte. Es ist das dritte Mal, dass nach einem Vater auch der Sohn erfolgreich war. Zuvor war dies bereits Gilles und Jacques Villeneuve sowie Graham und Damon Hill gelungen.
Mercedes-Teamchef Ross Brawn lobte Rosberg: "Es war eine wundervolle Leistung von Nico." Der Brite blieb aber gewohnt analytisch. "Es war sehr wichtig, dass die Reifen richtig funktionieren. Das ist uns gelungen", so Brawn: "Wir haben eine große Geschichte und der müssen wir gerecht werden." 1954 und 1955 war Fangio im Mercedes Weltmeister geworden. Nach dem zweiten Titel zog sich Mercedes aus der Formel 1 zurück, stieg 1993 als Motoren-Lieferant wieder ein und kehrte 2010 schließlich als Werksteam zurück.
In Shanghai verhinderte ein Boxenpatzer ein noch besseres Mercedes-Ergebnis: Michael Schumacher musste wegen eines schlecht festgezogenen Vorderreifens in der 13. Runde sein Auto abstellen. Mit nun 25 Punkten liegt Rosberg in der Gesamtwertung 20 Punkte hinter dem WM-Führenden Button und ist plötzlich zu einem Titelkandidaten geworden. "Glückwunsch an Nico für seinen ersten Sieg", sagte Button, "ich hoffe, es werden nicht zu viele dieses Jahr."
Von der Weltmeisterschaft wollte Haug noch nicht reden. Zwar hätte das Team gezeigt, was es kann, "aber wir wollen den Mund nicht zu voll nehmen und weiterarbeiten", so der Motorsportchef. Ähnlich sieht es Rosberg ("In Bahrain kann es schon wieder ganz anders aussehen"), der aber sagte: "Es hat sich super angefühlt. So kann's weitergehen."
Einen Party-Marathon wird es bei Mercedes aber wohl nicht geben. Am Montag fliegt das Team bereits zum nächsten Rennen nach Bahrain am kommenden Sonntag (14 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE). "Wir werden die Feier nachholen", kündigte Rosberg an.