Formel-1-Rookie Lance Stroll Das 80-Millionen-Dollar-Baby
Lewis Hamilton ist der Sieger von Kanada, doch die Show gehört auch Lance Stroll. Dessen Vater zahlte ein Vermögen für die Rennfahrerausbildung des 18-Jährigen. Nun gibt es Rendite.
Frage des Rennens: Lewis Hamilton gelang bereits vor dem Start Historisches: Im Qualifying von Montreal hatte sich der Brite die 65. Poleposition seiner Karriere gesichert, genauso oft war auch Formel-1-Legende und Hamiltons Vorbild Ayrton Senna vom ersten Startplatz in ein Rennen gegangen. Die Zeichen für eine erfolgreiche Aufholjagd im WM-Kampf mit Sebastian Vettel standen also gut. Wirklich?
Nach seiner Monaco-Enttäuschung (Platz sieben) stand der Silberpfeil-Pilot angesichts von 25 Punkten Rückstand auf WM-Spitzenreiter Vettel unter Druck. Und dann war da ja noch Hamiltons zickiges Auto: Zuletzt hatte der Brite immer wieder über die Leistungsschwankungen und Reifenproblematik an seinem Wagen geschimpft. Lief es beim Großen Preis von Kanada besser?
Ergebnis: Und wie! Hamilton siegte souverän vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas und Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo. Lance Stroll (mehr über ihn unter "Investment des Rennens") sicherte sich als Neunter die ersten WM-Punkte eines Kanadiers seit Gilles und Jacques Villeneuve. Hier geht's zur Meldung.
Startaufstellung (Top Ten):
Hamilton - Vettel - Bottas - Räikkönen - Verstappen - Ricciardo - Massa - Pérez - Ocon - Hülkenberg.
Die Startphase: Es gab Spekulationen, Vettel würde mit seinem Startplatz auf der rechten Seite eine gute Überholchance in der ersten Kurve haben. Von wegen! Der Ferrari-Pilot kam nicht einmal in die Nähe von Hamilton und fiel sogar zwei Plätze zurück. Genauso wie sein Teamkollege Kimi Räikkönen. Der Gewinner des Starts war Max Verstappen im Red Bull. Er raste von Position fünf auf zwei. Wenig später musste das Safety Car infolge eines spektakulären Unfalls von Carlos Sainz jr. auf die Strecke.
Pechvögel des Rennens: Wo wollen wir anfangen? Wie wäre es mit Vettel, dessen beschädigter Frontflügel ihn zu einem frühen Boxenstopp zwang? Oder Verstappen? Nach seinem Traumstart erwischte es den Niederländer nur ein paar Minuten später mit einem technischen Defekt - für ihn war das Rennen vorbei. So viel Dramatik, und zu diesem Zeitpunkt waren gerade einmal elf von 70 Runden absolviert.
Was machte Hamilton? Der fuhr dem Chaos vom Start weg davon und reihte danach eine Bestzeit an die nächste. Kanada ist eben Hamilton-Land. Hier, wo Highspeed (nach Monza ist das die Strecke mit den längsten Vollgas-Phasen) so wichtig ist, konnte der Mercedes-Fahrer seine Stärken bei freier Fahrt voll ausspielen und souverän gewinnen. Für ihn war es bereits der sechste Montreal-Triumph, nur Michael Schumacher hat noch einen Sieg mehr an gleicher Stelle gefeiert.
Überraschung: Nach dem großen Durcheinander bei den Top-Fahrern war für einige Runden Esteban Ocon Hamiltons "ärgster" Verfolger (er hatte über 20 Sekunden Rückstand). Ocon, der Name sagt Ihnen nichts? Der Franzose fährt seit 2016 in der Formel 1 und war im vergangenen Jahr Teamkollege von Pascal Wehrlein bei Manor. Nach einer punktlosen Saison folgte die etwas überraschende Beförderung: Der 20-Jährige ging zu Force India, wo auch Wehrlein im Gespräch war, und gehört aktuell zu den Überraschungen der Rennserie. In bisher sieben Rennen fuhr er sechsmal in die Punkte, diesmal als Sechster.
Investment des Rennens: 80 Millionen Dollar, so viel Geld soll die Formel-1-Ausbildung des 18 Jahre alten Kanadiers Lance Stroll gekostet haben. Sein Vater, ein Modemilliardär, investierte in die Sportlerkarriere seines Sohnes. Bisher war das Geschäft nicht lohnenswert. Kritik gab es auch häufig vom kanadischen Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve, der sagte: "Talent kann man nicht kaufen." Oder unmittelbar vor dem Rennen: "Schlechteste Rookie-Leistung in der Geschichte der Formel 1." Gut waren die Ergebnisse bislang wirklich nicht. Bis jetzt! In Kanada erreichte der Neuling Platz neun und damit die ersten zwei Punkte seiner Karriere. 40 Millionen pro Punkt sind zwar noch immer ein sattes Sümmchen, doch Stroll bewies Rennfahrerqualitäten und lieferte sich vor allem mit Alonso packende Zweikämpfe.
Mann des Volkes: Fernando Alonso, beim Grand Prix von Monaco wegen seines Starts bei der Indy 500 nicht dabei gewesen, hatte bei seiner Formel-1-Rückkehr viel zu besprechen. Der spanische Top-Fahrer funkte seiner Boxencrew in einer Tour, meist in Motzki-Manier. Trieb er damit die McLaren-Kollegen zur Höchstform? Es sah lange gut aus. Drei Runden vor Schluss schnupperte er als Zehnter an den ersten Punkten der Saison, doch dann fiel sein Wagen aus. Wie immer. Was macht man da, Frust schieben? Der Spanier stieg aus seinem Wagen, ging direkt in den Fanblock und ließ sich feiern.
Erkenntnis des Rennens: Hamilton fuhr in einer Liga für sich. Dahinter ging es ab: Besonders das mutige Überholmanöver von Vettel gegen die Force-India-Fahrer, die sich untereinander bekämpften, setzte wenige Runden vor Schluss einen der Höhepunkte. Die Belohnung war der vierte Platz für den Deutschen, der im WM-Kampf nur noch zwölf Punkte vor Hamilton steht. Am 25. Juni geht das Duell der Rivalen beim GP von Aserbaidschan in die nächste Runde.