Motoren, Budgetgrenze, Prämien Mercedes und Ferrari wehren sich gegen Reformen in der Formel 1
In der Formel-1-Pause steht Liberty Media vor der ersten großen Bewährungsprobe. Der Besitzer muss sich mit Ferrari und Mercedes verständigen, will aber auch neue Teams anlocken. Ein Blick in die Zukunft der Rennserie.
Der Saisonabschluss 2017 in Abu Dhabi war für die neuen Formel-1-Machthaber kein Traumevent: wenige Überholmanöver, kaum Action, ein ungefährdeter Sieg für Vallteri Bottas - Werbung machte die Königsklasse nicht. Die brauchen die Macher um den US-Unternehmer Chase Carey aber, möchten sie ihr großes Ziel erreichen, so viele neue Fans zu gewinnen, dass man zumindest in absehbarer Zeit wieder Geld verdienen kann.
2017 hat die Formel 1 zum ersten Mal seit vielen Jahren Verluste geschrieben. Ein Großteil der roten Zahlen ist zwar auf Investitionen in den Bereichen Struktur, Digitalisierung und Social Media zurückzuführen - Ärger droht dennoch.
Der Preisgeldtopf für die Teams wird um 14 Prozent (das entspricht 43 Millionen Dollar) kleiner und beträgt damit nur noch 273 Millionen Dollar. Libery Media bot den Rennställen deswegen zinslose Vorschusszahlungen an, wie Red-Bull-Teamchef Christian Horner verriet. Schlechte Stimmung kann sich der Formel-1-Besitzer nicht erlauben.
Motorenstreit: Widerstand der Top-Teams
Denn Liberty braucht die Teams, wenn man die großen strukturellen Probleme angehen will. Dann darf es nicht nur um Nebenkriegsschauplätze gehen wie einem neuen, angeblich besser in die digitale Welt passendem Logo, das in Abu Dhabi nach der Siegerehrung vorgestellt wurde. Oder der neuen E-Sports-Formel-1, die sogar von einigen TV-Anstalten übertragen wurde und im Social-Media-Bereich ein großer Erfolg ist.
Was wirklich drängt, sind andere Probleme. Und da kommt auf die neuen Besitzer die erste große Bewährungsprobe zu: Ihre Ideen der neuen Formel 1 mit einem etwas vereinfachten Motorenreglement ab 2021 und einer ab 2019 schrittweise eingeführten Kostenobergrenze stoßen gerade bei den Top-Teams auf Widerstand.
Ende Oktober wurde die neue Motorenformel vorgestellt - und sofort gab es von Mercedes und Ferrari Protest. Dabei scheint sich auf den ersten Blick nur wenig zu ändern: Es bleibt beim 1,6 Liter V6-Turbo mit einem Turbolader. Aber die MGU-H, die Energierückgewinnungseinheit, die aus der Hitze der Abgase gespeist wird, das komplizierteste Teil des Pakets, fällt weg.
Dafür soll die MGU-K, die die Bremsenergie abgreift, mehr Leistung rekuperieren. Der Fahrer soll in Zukunft selbst bestimmen können, wie und wann die Leistung abgerufen wird. Außerdem steigen die erlaubten Drehzahlen von 15.000 auf 18.000 Umdrehungen - vor allem, um einen besseren Sound zu generieren. Und in weiteren Schritten soll die Benzin-Entwicklung eingeschränkt sowie Batterie und Leistungselektronik standardisiert werden - genauso wie einige Bestandteile in den Triebwerken.
"Das Konzept klingt ähnlich, bedeutet aber eine komplette Neuentwicklung. Das würde bedeuten, das wir zwischen 2018 und 2020 an zwei Motoren gleichzeitig arbeiten müssten", sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Ferrari-Boss Sergio Marchionne redete gleich von einer Einheitsformel und drohte mit einem Ferrari-Ausstieg. Solche Äußerungen gab es zuletzt häufig, ernst nimmt sie kaum noch jemand.
Das Problem: Wenn es jetzt länger dauert, bis ein endgültiges Reglement zustande kommt, dann sinkt der Anreiz für neue Hersteller, über einen Formel-1-Einstieg nachzudenken. Was zum Beispiel aus Porsche-Kreisen zu hören ist.
In der Kostenfrage mauern alle
Über die Sitzung der Strategiegruppe, in der es um die schrittweise Einführung einer Kostenobergrenze ging, um auch den kleineren Teams in Zukunft wieder eine Chance zu geben, wurde bisher wenig bekannt. Wahrscheinlich, weil man sich noch nicht auf Details einigen konnte.
Wer erwartet hatte, die Besitzer würden bei dem Team-Treffen wegen der Budgetdeckelung, das schon vor dem Brasilien-GP stattgefunden hat, konkrete Summen nennen, wurde enttäuscht. Jede Zahl hätte die Konfrontation gerade mit Ferrari und Mercedes wohl noch weiter verschärft. Deshalb wurde nur eines beschlossen: Vertreter des Formel 1-Managements wollen jetzt in Einzelgesprächen mit jedem Team ausloten, wie sie sich einen Kostendeckel vorstellen. Im Januar soll Bilanz gezogen werden.
Formel-1-Boss Carey spricht von einem konstruktiven Gesprächsverlauf: "Ich würde sagen, dass wir alles in die Startlöcher gebracht haben." Angeblich sei sogar Ferrari mit der generellen Richtung einverstanden. Aber er warnt vor verfrühter Euphorie: "Wir müssen noch ins Detail gehen. Da wird es verschiedene Ansichten geben."
Es sei der Job von Liberty Media, "einen Kompromiss zu finden, bei dem jeder das Gefühl hat, er käme viel besser weg. Und, dass es eine faire Idee wäre, die den Sport gesünder machen würde", sagt er. Carey wolle ein Geschäftsmodell schaffen, von dem die bestehenden Teams profitieren, aber auch neue Mannschaften angezogen werden. Das wird schwierig: Die hohen Investitionen der Top-Teams sind für potentielle Interessenten abschreckend.