Hamilton-Hysterie in Stuttgart "Du hast den Silberpfeil vergoldet"
Zigtausend Fans und ein Sonderlob vom Daimler-Boss: Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton wurde bei einer Feier im Stuttgarter Mercedes-Werk mit Komplimenten überschüttet. Der Brite gab sich volksnah und schilderte noch einmal die dramatische letzte Runde des WM-Finales.
Hamburg - Die ersten Autogramme schrieb er schon beim Frühstück und in der Tiefgarage des Hotels, dann stürzte sich Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton in die Fan-Massen. Glücklich, aber körperlich etwas ausgebrannt präsentierte sich Hamilton bei der traditionellen Stars&Cars-Feier rund ums Mercedes-Benz-Museum. "Guten Morgen Stuttgart, alles klar?", begrüßte der Brite am Samstag mehr als 70.000 Fans und eroberte damit die Herzen im Sturm. "Ich bin stolz, was ich erreicht habe."
Der Daimler-Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche würdigte den Jungstar: "Lewis, du hast den Silberpfeil echt vergoldet." Auch von Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug gab es Lob: "Wir haben den Titel verdient, und er tut uns gut in dieser Zeit." Nach ersten Interview-Runden stieg Hamilton spontan ins Medical Car des Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) und chauffierte Mercedes-Angehörige um die provisorische Rennstrecke in Bad Cannstatt.
Auf der Bühne sah Hamilton dann erstmals die TV-Bilder vom dramatischen WM-Finale in Brasilien am vergangenen Sonntag. Erst in der letzten Kurve hatte sich der McLaren-Mercedes-Pilot im Regen den für den Titeltriumph nötigen fünften Platz zurückerobert. "Ich wollte die Bilder nicht sehen", gestand er. "Ich habe eigentlich sogar Angst davor gehabt, diese Momente nochmals zu erleben. Sie waren so intensiv. Mir wäre fast das Herz im Cockpit explodiert."
In der Endabrechnung setzte sich Hamilton mit einem Punkt Vorsprung vor Ferrari-Rivale Felipe Massa durch, dem sein Sieg beim Heimrennen in São Paulo als schwacher Trost blieb. "Es wäre schön gewesen, das letzte Rennen zu gewinnen, aber es gab einen höheren Preis für mich", sagte er nun mit sechs Tagen Abstand zu diesem Grand-Prix-Krimi. Dies sei das härteste Rennen seines Lebens gewesen. Danach stand der Silberpfeil-Star mit 23 Jahren, 9 Monaten und 26 Tagen als jüngster Weltmeister der Geschichte fest. "Es ist so viel schwieriger zu versuchen, Vierter zu werden, als ein Rennen zu gewinnen", sagte Hamilton.
Zetsche gestand, dass er "echt Angst vor einer Duplizität der Ereignisse" gehabt habe. Schließlich hatte sich Hamilton im Vorjahr trotz ebenfalls sieben Punkten Vorsprung vor dem Finale mit dem zweiten Gesamtplatz hinter Kimi Räikkönen im Ferrari begnügen müssen. Das Rennen in São Paulo sei der "absolute Wahnsinn gewesen", sagte der Daimler-Chef, "und dann das Happy End".
Haug erklärte, dass das Ziel für nächstes Jahr der Titelgewinn in der Fahrer- und Teamwertung sei. Ferrari hatte die Konstrukteurs-WM für sich entschieden, weil Heikki Kovalainen im zweiten McLaren-Mercedes als WM-Siebter zu wenig Punkte gesammelt hatte.
Die Titelverteidigung ist natürlich das große Ziel. Aber Hamilton geht davon aus, dass dies nicht leichter als sein erster WM-Triumph wird: "Nächstes Jahr wird es bestimmt genauso hart." Haug versicherte, dass das Team "kein bisschen nachlassen" werde und die Vorbereitungen für 2009 bereits auf vollen Touren liefen. Der Champion will es nach der kräftezehrenden Saison und der anschließenden PR- und Gratulationstour allerdings in den nächsten Tagen etwas ruhiger angehen lassen. "Ich war schon letztes Jahr ohne Titelgewinn ausgebrannt. Ich hatte bislang noch keine Ferien. Ich benötige etwas Zeit für mich, um wieder bestens vorbereitet zu sein."
mig/sid/dpa