Klopp-Abschied beim BVB Den Tränen nahe
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sprach wie ein Trauerredner, im Vereinsmuseum flossen die Tränen: Jürgen Klopps Abschied von Dortmund bewegt den ganzen Klub. Der scheidende Trainer jedoch wirkt befreit.
Als Hans-Joachim Watzke das Wort ergriff und aus den Gerüchten des Vormittags Gewissheit wurde, war es um die Mitarbeiter des Borussia-Museums geschehen. Die schmucken Hallen mit all den Pokalen und Bildern aus den großen Tagen des BVB befinden sich gleich neben dem Presseraum des Dortmunder Stadions. Und als mit Watzkes Worten offiziell wurde, dass Jürgen Klopp nach dieser Bundesligasaison seinen Platz nicht mehr auf der Trainerbank, sondern im Geschichtsbuch der Borussia haben wird, schossen den fassungslosen Mitarbeiterinnen vor ihren Bildschirmen die Tränen in die Augen.
Drinnen ging es nicht weniger emotional zu. Zumindest bei Geschäftsführer Watzke, der als Erster auf dem Podium sprach und in Sachen Tonlage, Sprechtempo sowie Mimik an einen Trauerredner erinnerte. Und es ging ja wirklich um einen Abschied. Von dem Mann, zu dem er eine "ganz besondere Beziehung" und "extremes Vertrauen" habe.
Klopp könne sicher sein, den "ewigen Dank aller Borussen" zu haben, sagte Watzke, der den Tränen nahe war und immer wieder kurze Pausen einlegte, ehe er mit viel Pathos zum nächsten Satz ansetzte. Seine Ansprache gipfelte in einem emotionalen Schlussakt: "Das Einzige, was mich in diesen Momenten ein Stück weit tröstet, ist die Tatsache, dass unsere Freundschaft mit Sicherheit bestehen bleibt", sagte der 55-Jährige, stand auf und umarmte Klopp, als wolle er den BVB-Slogan "Echte Liebe" in ein einziges Bild packen.
Klopp selbst wirkte weitaus gefasster. Das Podium im Dortmunder Presseraum war immer schon seine liebste Bühne. Sieben Jahre lang verzückte er Journalisten und Fans mit seinen eloquenten Spielanalysen, die nicht viel gemein haben mit den sonstigen Fußballerphrasen seiner Kollegen.
Jetzt, wo das baldige Ende seiner erfolgreichen Zeit beim BVB bekannt war, schien er erleichtert. Nur zu Anfang der Pressekonferenz, als Watzke sprach und das Blitzlichtgewitter begann, musste er mit ebenso rotem wie gesenktem Kopf mehrmals tief durchatmen. Als er dann selbst dran war, hatte er sein Lächeln schnell wiedergefunden und sprach gewohnt blumig und mit den typischen Klopp-Adjektiven wie "überragend", "außergewöhnlich", "großartig" und "fantastisch".
Niemand müsse sich bei ihm bedanken, begann er. "Das ist bis hier und heute eine ganz faire Geschichte gewesen. Beidseitig viel investiert, beidseitig viel zurückbekommen", sagte Klopp und kam gleich zu den Gründen seines Rücktritts. Er sei mitnichten ausgebrannt und brauche auch keine Pause: "Ich bin null Komma null müde." Vielmehr habe er immer wieder gesagt, dass er dann aufhöre, wenn er das Gefühl habe, "nicht mehr der perfekte Trainer für diesen außergewöhnlichen Verein zu sein". Und dieser Moment sei jetzt gekommen.
Die Entscheidung habe weder etwas mit einem anderen Angebot noch mit der Mannschaft zu tun. "Es hat keinen Riss gegeben", sagte Klopp mit Nachdruck, um bloß nicht den Eindruck entstehen zu lassen, die heile Borussia-Welt sei durch die enttäuschende Saison nachhaltig gestört. Auch wenn es nach der jüngsten 1:3-Niederlage in Mönchengladbach, wo er vor laufenden Kameras mit Sebastian Kehl aneinandergeraten war, so ausgesehen habe.
Vielmehr gehe es um das große Ganze. Um die Weiterentwicklung des Vereins, "der viel größer ist als wir alle". Ein Verein, den er 2008 übernommen und mit ihm zwei Meisterschaften gewonnen, einen DFB-Pokalsieg geholt sowie das Champions-League-Finale erreicht hatte. Er würde nichts lieber machen, als weiterhin für den BVB tätig zu sein. Das Trainingsgelände werde immer besser, es kämen "junge, hochtalentierte Leute" nach.
"Ich könnte heulen, dass ich sie nicht mehr trainieren kann", sagte Klopp, der weit davon entfernt war, wirklich zu weinen. Er habe das Gefühl, dass der BVB eine Veränderung brauche. Deshalb müsse "ein großer Kopf" gehen. Und er sei nun mal ein großer Kopf, sagte der 47-Jährige ohne einen Anflug von Bescheidenheit.
Michael Zorc, der dritte Redner an diesem Tag, war äußerlich ebenfalls gefasst - und bemühte ebenso große Worte: "Wir haben ein modernes Fußballmärchen geschrieben", sagte der Sportdirektor, und versuchte gleich, auf das nächste Spiel in Paderborn zu verweisen. Doch dafür interessierte sich niemand.
Auch Klopp nicht wirklich, der noch ein großes Ziel habe: Er wolle noch einmal "mit gutem Grund auf dem Lastwagen um den Borsigplatz fahren." Dort feiert die Borussia ihre Erfolge. Dieses Jahr bleibt nur noch der DFB-Pokal, wo es im Halbfinale zu den Bayern geht. Und sollte Klopp den wirklich noch einmal gewinnen, dürfte dieser einen ganz besonderen Platz im Borussia-Museum bekommen. Dort, wo auch Jürgen Klopp seinen sicher hat. Gleich neben seiner liebsten Bühne.
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