Aubameyangs Debüt bei Arsenal Der Rest war Kunst
Schon jetzt rufen die Fans seinen Namen: Was Michy Batshuayi beim BVB kann, kann auch Pierre-Emerick Aubameyang beim FC Arsenal. Und er soll noch besser werden.
Es wirkte, als wollte irgendjemand, dass diese Geschichte unbedingt geschrieben wird. Eine höhere Macht, der Fußballgott vielleicht.
Dabei war es, rational betrachtet, natürlich Schiedsrichter Neil Swarbrick und seinem Assistenten vor der Haupttribüne des Londoner Emirates-Stadions zu verdanken, dass Pierre-Emerick Aubameyang seinen guten Auftritt zum Einstand beim FC Arsenal mit einem Tor krönte und damit genau wie sein Nachfolger beim BVB zu einem Traumdebüt kam.
In der 37. Minute der Partie gegen den FC Everton steckte der Ex-Dortmunder Henrich Mchitarjan den Ball durch auf den Ex-Dortmunder Aubameyang. Die deutliche Abseitsstellung des Angreifers aus Gabun entging den Unparteiischen. Der Rest war Kunst: Aubameyang lupfte den Ball über Torhüter Jordan Pickford wie bei einem Freizeitspiel mit Freunden in der Soccerhalle und führte damit noch vor der Pause die endgültige Entscheidung herbei. Es war der Treffer zum 4:0.
Nach 90 Minuten im Dauerregen von London stand es 5:1. Die Zuschauer erlebten so etwas wie die Auferstehung des FC Arsenal. Der Klub stagnierte bestenfalls in den vergangenen Jahren, spielt in dieser Saison nur in der Europa League und machte sich unter der Woche mit der Niederlage bei Swansea City wieder einmal zum Gespött. Doch Mesut Özil (neuer Vertrag), der von Manchester United übernommene Mchitarjan (drei Torvorlagen) und vor allem der am letzten Januartag aus Dortmund verpflichtete Aubameyang machen Hoffnung darauf, dass es wieder aufwärts gehen könnte für Arsenal.
Aubameyang hatte sich in den vergangenen Tagen mit einem Infekt herumgeschlagen, das war zumindest die offizielle Version. Arsenals Trainer Arsène Wenger hatte seinen Einsatz gegen Everton auf der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel noch offen gelassen. Doch die Überraschung hielt sich in Grenzen, dass Aubameyang dann nicht nur im Kader stand, sondern auch von Beginn an spielte. Arsenal hat immerhin fast 64 Millionen Euro für den Stürmer ausgegeben, der auch andere Vereine schmücken würde, und präsentierte das neue Kronjuwel voller Stolz.
Vorstellung wie bei einem Box-Weltmeister
Er war auf der Titelseite des Stadionmagazins zu sehen, den Mund aufgerissen, die Hände zu Fäusten geballt. Der Stadionsprecher kündigte ihn bei der Durchsage der Mannschaftsaufstellung an wie einen Boxer, der seit Jahren keinen WM-Kampf mehr verloren hat ("Pierre-Emerick Auuuuuuuuuuubameyang!"), und Trainer Wenger ist offensichtlich gewillt, ihm alle Freiheiten zu lassen.
Der Zugang aus Dortmund spielte auf seiner Lieblingsposition als einzige Sturmspitze. Der erst im Sommer für rund 53 Millionen Euro verpflichtete Alexandre Lacazatte saß dafür 90 Minuten auf der Bank. Aubameyang war von sämtlichen Defensivaufgaben entbunden. Wenn Everton nach vorne kam, stand er an der Mittellinie, die Hände in die Hüften gestemmt, und wartete darauf, dass die Kollegen die Situation bereinigen und ihm den Ball für den nächsten Angriff liefern würden. Was in den meisten Fällen auch gelang.
Dabei war Aubameyang trotz seines Tors nicht einmal außergewöhnlich gut, zumindest gemessen an dem, was er zu leisten im Stande ist. Neben seinem Treffer hatte er nur zwei auffällige Aktionen. Er hatte beim 1:0 durch den Dreifach-Torschützen Aaron Ramsey seinen Fuß im Spiel und lief nach einer halben Stunde alleine auf Torwart Pickford zu, bekam den Ball allerdings nicht richtig unter Kontrolle und scheiterte an Evertons Schlussmann. "Er war noch nicht in Bestform. Er hat körperlich noch ein bisschen Arbeit vor sich", sagte Trainer Wenger.
In dieser Beschreibung verbirgt sich eine frohe Botschaft für Arsenals Fans. Die Botschaft, dass das erst der Anfang war, dass Aubameyang noch besser werden kann. Außerdem müssen sich die Mitspieler noch an den neuen Mann im Angriff gewöhnen, seine Bewegungen und seine Laufwege speichern. Auch hier verbirgt sich noch Potenzial. "Er versucht immer, in Räume zu kommen, die für die Verteidiger schwer abzudecken sind. Wenn wir ihn besser kennen, werden wir noch gefährlicher", sagte Wenger. Oder muss es heißen: drohte er?
Aubameyangs Wechseltheater spielt in London keine Rolle
In Deutschland war die Aufregung groß über die Methoden, mit denen Aubameyang seinen Transfer nach London erwirkte (Stichwort: Soccerhalle), viele Dortmund-Fans sind erleichtert, dass der Angreifer ausgewandert ist. In England spielen die Umstände seines Wechsels kaum eine Rolle.
Arsenals zurückhaltendes Publikum hat den Zugang umgehend als einen ihrer Spieler akzeptiert. Aubameyang verspricht zu viel, als dass sich die Fans kritisch mit ihm auseinandersetzen würden. So wirkte es jedenfalls bei seinem Debüt. Schon vor der Partie riefen die Anhänger seinen Namen. Und sie feierten ihn nicht nur nach seinem Treffer, sondern zum Beispiel auch, wenn er Evertons Verteidiger anlief und unter Druck setzte.
Innerhalb von 90 Minuten haben die Zuschauer offenbar verdrängt, dass der Verein in der Transferphase im Januar alle Top-Torschützen der vergangenen fünf Spielzeiten abgegeben hat, nämlich Alexis Sánchez zu Manchester United, Olivier Giroud zum FC Chelsea und Theo Walcott zu Everton.
Sie haben jetzt einen Angreifer, dem sogar der Fußballgott wohlgesonnen scheint. Sie haben jetzt Aubameyang.