Remis im Frankenderby Mieser Kick, klasse Derby
Spannung, tolle Atmosphäre und Kampf um jeden Meter: Das 255. Frankenderby zwischen Nürnberg und Fürth hatte es in sich. Schade nur, dass keine Tore fielen und das Fußballspiel insgesamt so miserabel war.
Kaum dem Regionalexpress entstiegen, ereilt den Reisenden eine polizeiliche Weisung, die keinen Widerspruch duldet: "Fürth links, Nürnberg rechts!" Strikte Fantrennung war vor dem 255. Frankenderby angesagt. Die Zuschauerströme wurden deshalb schon an den Bahnhöfen in unterschiedliche Richtungen geleitet. Ob es nun an der massierten Polizeipräsenz lag oder daran, dass die Fans beider Seiten vielleicht doch nicht so randalefreudig waren wie im Vorfeld angenommen - die Polizei verzeichnete vorerst keine Fan-Ausschreitungen.
Es gab keine Attacken auf Schienbeine zu verzeichnen, keine Massenrempeleien, niemand wurde angespuckt. Das alles passierte nur auf dem Rasen, nicht auf der Straße. Club-Trainer Dieter Hecking verteilte deshalb ein "Kompliment an beide Fanlager." Und sein Fürther Pendant Mike Büskens nickte. Ihrem kickenden Personal mussten die beiden Trainer hingegen deutlich schlechtere Betragensnoten geben.
Denn das torlose Unentschieden war von "jeder Menge Nickligkeiten" (Fürth-Kapitän Mergim Mavraj), "einigen härteren Fouls" (Nürnbergs Per Nilsson) und "viel zu vielen Provokationen von beiden Seiten" (Hecking) geprägt. Gelang einmal eine Ballstafette über zwei, drei Stationen, konnte man sicher sein, dass Sekunden später ein Freistoßpfiff ertönen würde. Nein, Schiedsrichter Felix Brych hatte es wirklich nicht leicht mit der Spielleitung.
Die Fürther Stürmer treffen im Idealfall den Ball - aber nie das Tor
Und wahrscheinlich würden das selbst im Fürther Lager alle eingestehen, wenn der Referee seine Fehlentscheidungen nicht recht einseitig zu Lasten der Gastgeber verteilt hätte. Den Fürthern sind in dieser Saison zwei Faktoren treu, die nichts Gutes für den Abstiegskampf verheißen. Erstens: Ihre Stürmer treffen im Idealfall den Ball - aber nie das Tor. Zweitens: Die Schiedsrichter benachteiligen sie nicht absichtlich - pfeifen in entscheidenden Szenen aber gerne mal für den jeweiligen Gegner.
So auch am Samstag: In der dritten Minute foulte Per Nilsson Fürths Edgar Prib im Strafraum - kein Strafstoß. Und als Sercan Sararer mit der Gelb-Roten Karte vom Platz flog (61.), war das nach dem Platzverweis für den Nürnberger Markus Feulner nun mal exakt die "Konzessionsentscheidung" (Mavraj), vor der Trainer Büskens schon in der Halbzeit gewarnt hatte. Des Feldes verwiesen zu werden hatte sich Sararer dennoch redlich verdient. Wie die Fernsehbilder bewiesen, hatte er Club-Keeper Raphael Schäfer in der ersten Halbzeit angespuckt. Man muss keine Petze sein, um zu hoffen, dass sich der DFB die Aufnahmen sehr genau anschaut.
So viel zu den weniger jugendfreien Seiten eines Derbys, das ziemlich viel von dem hielt, was man sich so vorstellt, wenn Dortmund gegen Schalke, 1860 gegen die Bayern, oder der HSV gegen St. Pauli spielt. Man kann es vielleicht so zusammenfassen: Ein Derby ist dasjenige Spiel, von dem ein Fan noch Jahre später spricht. Und zwar selbst dann, wen er sich an das Ergebnis nicht mehr erinnern kann - was im Falle eines 0:0 ja auch nicht weiter schlimm ist.
Die Partie hatte mäßiges Zweitliga-Niveau - wenn überhaupt
Rechtzeitig zum Anpfiff entrollten beide Fanlager aufwendige Choreographien. 90 Minute lang wurde jeder gelungene Pass (viele waren es nicht) mit Jubelgeschrei und jedes Foul (irgendwann hört man auf zu zählen) mit wütenden Pfiffen begleitet, 22 (später 20) Spieler und 18.000 Fans holten 90 Minuten lang alles aus sich heraus. Wenn all das passiert, bietet der Fürther Ronhof beste Voraussetzungen für eine nahezu britische Fußballatmosphäre. "Von so einer Stimmung träumt man schon als Kind", sagte deshalb der ziemlich erwachsene Mergim Mavraj.
Obwohl der "Club" und das "Kleeblatt" in den vergangenen Jahrzehnten kaum einmal in der gleichen Liga spielten, hat eine Rivalität überdauert, die ihre Wurzeln in den zwanziger Jahren hat, als die beiden Traditionsvereine die Deutsche Meisterschaft oftmals unter sich ausmachten. 1924, die Geschichte ist zu schön, um verschwiegen zu werden, spielte die deutsche Nationalmannschaft mal mit einem Team, das nur aus Franken bestand. Die sechs Nürnberger und fünf Fürther reisten im selben Zug nach Berlin, aber in verschiedenen Abteilen. Gespuckt hat 1924 übrigens niemand.
Der Vollständigkeit halber: Das eigentliche Spiel war grottenschlecht. Es auf mittlerem Zweitliganiveau anzusiedeln, hieße den VfR Aalen oder Union Berlin zu beleidigen. Wenn Nürnberg auf diesem spielerischen Niveau verharrt und Fürth im gegnerischen Strafraum weiter so dilettiert, findet das 257. fränkische Derby in der kommenden Saison in der zweiten Liga statt.
SpVgg Greuther Fürth - 1. FC Nürnberg 0:0
Fürth: Grün - Nehrig, Kleine, Mavraj, Schmidtgal - Fürstner, Pekovic (46. Edu) - Stieber, Prib, Sararer - Asamoah (66. Klaus)
Nürnberg: Raphael Schäfer - Chandler, Nilsson, Klose, Pinola - Simons (75. Cohen) - Kiyotake (46. Plattenhardt), Feulner, Frantz, Esswein (39. Balitsch) - Polter
Schiedsrichter: Brych (München)
Zuschauer: 18.000 (ausverkauft)
Rote Karte: Feulner wegen groben Foulspiels (35.)
Gelb-Rote Karte: Sararer wegen wiederholten Foulspiels (61.)
Gelbe Karten: Nehrig (3), Schmidtgal (4) - Pinola (6), Frantz