Abschied von Raúl Ein Hauch von Welt
Emotionen zum Abschied: Bei seinem letzten Auftritt auf Schalke wurde Raúl wie eine Vereinslegende gefeiert - dabei war der Spanier nur zwei Spielzeiten bei den Königsblauen. Aber der Stürmer hat sich durch seine Art auf Schalke einen Platz für die Ewigkeit gesichert.
Es war sein letztes Heimspiel in Deutschland: Ein Großer des Fußballs ist von der Bühne Bundesliga ganz unspektakulär abgetreten. Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit, eingewechselt für die letzten 30 Minuten. Vor dem Anpfiff gab es einen Blumenstrauß und ein bisschen höflichen Applaus - und das war es.
Das war die letzte Bundesligapartie des Michael Ballack vor eigenem Publikum.
Auch auf Schalke trat ein Großer ab. Die Masse jubelte, Fans hatten Tränen in den Augen, der Spieler drehte gemeinsam mit seinen fünf Kindern mehrere Ehrenrunden, sein Trikot mit der Nummer sieben wird künftig nicht mehr vergeben.
Das war die letzte Bundesligapartie des Raúl vor eigenem Publikum.
Superstar ist nicht gleich Superstar, das ist die Lehre aus diesem ungleichen Abschied. Während die Personalie Ballack bei Bayer Leverkusen eher für Unfrieden und Unruhe als für sportlichen Erfolg stand, hat Raúl in Gelsenkirchen innerhalb von nur zwei Spielzeiten den Status einer Vereinsikone erreicht. Dabei gab es sicherlich Spieler, die in diesen beiden Saisons sportlich mehr für das Team die "Königsblauen" bedeutet haben. Torwart Manuel Neuer im Vorjahr, der die Mannschaft in seiner Abschieds-Saison fast im Alleingang vor dem Abstieg bewahrte. Torjäger Klaas-Jan Huntelaar, auf dessen Treffsicherheit die gesamte Liga mit Neid schaut.
Raúls Bilanz liest sich wahrlich nicht schlecht: Er erzielte für Schalke 28 Ligatore in 66 Partien, er köpfte Schalke im Vorjahr bei den Bayern ins DFB-Pokalendspiel, er traf in der Champions League und in der Europa League und baute dort seine einmalige Tor- und Spielbilanz aus. Auf der anderen Seite können sich Schalke-Fans auch an genug Partien erinnern, in der der spanische Star fast unsichtbar blieb und wenig Bindung zum Spiel fand. Interessanterweise waren darunter fast alle Spiele gegen die Top-Teams der Liga. Als es in dieser Spielzeit gegen Dortmund und den FC Bayern ging, war der 34-Jährige nicht zu sehen.
Raúl auf Schalke - das wird manchem wie ein Traum vorkommen
Die Anhänger haben ihm das ohne Murren nachgesehen. Letztlich mutet es immer noch wie ein Wunder an, wie sich einer der berühmtesten Fußballer der Welt, der Champions-League-Rekordspieler und Säulenheilige des königlichen Clubs Real Madrid überhaupt in den Kohlenpott verirren konnte. Wenn er in der kommenden Saison nicht mehr da sein wird, wenn Jermaine Jones auf dem Spielfeld grätscht und Huub Stevens im Trainingsanzug an der Seitenlinie tobt, wird es manchem "Königsblauen" wie ein Traum vorgekommen sein, dass Raúl jemals in Gelsenkirchen vorbeigeschaut hat.
In Erinnerung wird ein bescheidener, sympathischer, allürenfreier Weltstar bleiben. Einer, der nie das Gefühl vermittelte, über den anderen zu stehen. Einer, der so tat, als bewegen sich Teamkollegen wie Marco Höger oder Ciprian Marica auf einer Ebene mit dem dreifachen Champions-League-Gewinner. Als sei ein Spiel gegen den FC Augsburg so wichtig wie ein Clásico gegen den FC Barcelona.
Aus seiner Zukunft hat Raúl bisher ein Geheimnis gemacht, er hat lediglich durchblicken lassen, dass es eine Liga sein wird, die fußballerisch nicht so hochstehend ist wie die Bundesliga. Wahrscheinlich geht es für ihn in die Wüste nach Katar, möglicherweise auch in die USA. Dort würde er Michael Ballack wiedertreffen.
Raúl hat der Bundesliga, hat Schalke 04 einen Hauch von großer Oper verliehen, von Glanz und Weltläufigkeit. Die Liga verliert ihren bekanntesten Fußballer. Es gibt in Spanien, in Deutschland oder sonst wo auf der Welt einen Grund weniger, Schalke-Fan zu sein.