Dramatisches British-Open-Finale Ein Sandwich auf den Sieg
Golfprofi Ernie Els hat sein viertes Major-Turnier gewonnen - im Alter von 41 Jahren. Dabei schienen die besten Tage des Südafrikaners bereits vorbei. Doch bei den British Open siegte er dank seiner Erfahrung, seiner Gelassenheit - und des Einbruchs von Konkurrent Adam Scott.
Als Adam Scott den Alptraum eines jeden Golfers durchlebte, ließ sich Ernie Els ein Sandwich schmecken.
Scott, der australische Sonnyboy, verzweifelte an den letzten Löchern des Lytham & St. Annes Golfclubs. Mit vier Schlägen Vorsprung war der 32-Jährige in den Finaltag der British Open gegangen, Els lag gar sechs Schläge hinter ihm. Scott sah wie der sichere Sieger aus, endlich schien es zu klappen mit dem ersten Major-Titel für den hochtalentierten Mann aus Adelaide. Doch es kam anders.
Nach einem Birdie am 14. Loch lag Scott bei zehn Schlägen unter Par. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar: Kein anderer Spieler würde hier noch gewinnen können. Nur einer konnte noch verlieren. Auf den nächsten drei Löchern brauchte Scott jeweils einen Schlag mehr als vorgesehen.
"The Big Easy" mit dem lockeren Schwung
Els war 20 Minuten vor Scott im drittletzten Flight mit dem US-Amerikaner Zach Johnson auf die Runde gegangen und deshalb auch früher im Clubhaus. Von dort aus sah er mit an, wie sein Konkurrent einbrach. Der 41-jährige Els war als einziger Spieler aus der Spitzengruppe am Sonntag unter Par geblieben, insgesamt benötigte er auf dem Par-70-Kurs 273 Schläge (67+70+68+68).
Mit einem Birdie auf dem 18. Loch hatte er Scott unter Druck gesetzt: Drei Schläge auf dem Par 4 würden den Sieg für den Australier bedeuten, vier Schläge ein Stechen, fünf Schläge den Triumph für Els.
Zu diesem Zeitpunkt musste man sich fast Sorgen machen, ob Els' Schulter im Falle eines Stechens noch halten würde: Gratulant auf Gratulant klopfte dem Südafrikaner kräftig auf den Rücken, obwohl noch nichts entschieden war. "The Big Easy", wie der 1,90 Meter große Els wegen seines so mühelos wirkenden Schwungs genannt wird, ist beliebt auf der Tour und bei den Fans. Entspannt und locker, so zeigte er sich auch in den Minuten, die er passiv miterlebte. Breit grinsend stand er auf dem Putting-Grün vor dem Clubhaus und aß eine Kleinigkeit, während Scott auf der 18. Bahn die letzte Siegchance aus der Hand gab.
Scotts Putting-Schwäche wird offensichtlich
Dessen Abschlag war in einem der tückischen Sandbunker gelandet, mit zwei weiteren Schlägen lag der Australier dann auf dem Grün, gut zwei Meter vom Loch entfernt. Ein einfacher Putt, eigentlich. Doch was ist schon einfach, wenn man um den größten Titel seiner Karriere spielt. Oder besser gesagt: Wenn man treffen muss, um nicht den schon sicher geglaubten, langersehnten Triumph doch noch zu verlieren.
Hinzu kommt: Das Putten ist nicht Scotts Stärke. Um die schlechte Quote auf dem Grün in den Griff zu bekommen, spielt er seit einigen Jahren mit einem längeren, sogenannten "Besenstiel-Putter". Tatsächlich ist Scott sicherer geworden, doch beim bisher wohl wichtigsten Putt seiner Laufbahn versagten die Nerven. Der Ball rollte knapp am Loch vorbei, fassungslos ging Scott in die Knie. Der Schock war ihm auch später noch anzusehen. "Ich bin ziemlich enttäuscht", brachte er bei der Siegerehrung hervor.
In Els nahm nun nicht nur zum 16. Mal in Folge bei einem Major-Turnier ein anderer Spieler die Trophäe entgegen, sondern nach Darren Clarke im Vorjahr bei der British Open ein äußerst erfahrener Profi. 2011 bei seinem Sieg im Royal St. George's Golf Club war der Nordire 42 Jahre alt, wie Els gehört er nicht zu den Top-Athleten auf der Tour. Statt Aggressivität ist auf den britischen Links-Plätzen mit ihrem dichten Rough und den überall lauernden Bunkern vor allem Fehlervermeiden angesagt. "Viele Leute haben schon lange auf meinen vierten Major-Erfolg gewartet", so Els, der nun sowohl die British Open (2002 und 2012) sowie die US Open (1994 und 1997) zweimal gewinnen konnte.
Seit 1989 ist er Profi, gewann insgesamt über 60 Turniere und wurde im vergangenen Jahr in die Hall of Fame des Golfsports aufgenommen. Doch zuletzt waren die Siege seltener geworden, in der Rangliste war Els auf Platz 40 zuletzt deutlich schlechter als Scott, die Nummer 13 der Welt. Els widmete sich mehr und mehr seinen Weingut und dem Design von Golfplätzen. "Unglaublich, dass es jetzt wieder geklappt hat", freute er sich nun um so mehr: "Es wird sicher etwas dauern, bis ich das realisiert haben, schließlich hatte ich dieses Gefühl zuletzt vor zehn Jahren. Es ist einfach verrückt, verrückt, verrückt."
So richtig glauben konnte Scott den Ausgang dieses Tages auch nicht. "Ich habe die ganze Woche tolles Golf gespielt und sollte mich davon jetzt nicht runterziehen lassen", versuchte sich Scott selbst zu trösten. Doch auch das gelang an diesem Tag Els besser: "Scottie ist ein guter Freund und wird diese Trophäe noch viele Male in den Händen halten."