Handball Kretzschmar sollte Frauen-Bundestrainer werden
Wer bringt den deutschen Frauenhandball wieder auf Erfolgskurs? Wie SPIEGEL ONLINE erfuhr, wurde Stefan Kretzschmar der Trainer-Job angeboten. Der lehnte ab. Die Verstimmung im Verband ist groß.
Hamburg - Platz zehn anstatt einer Medaille, das war die magere Ausbeute der deutschen Frauen-Nationalmannschaft bei der Handball-Europameisterschaft in Ungarn und Kroatien. Daraufhin trennte sich der Deutsche Handball-Bund (DHB) von Bundestrainer Heine Jensen und ist seitdem auf der Suche nach einem Nachfolger. Ein Kandidat war nach Informationen von SPIEGEL ONLINE Handball-Ikone Stefan Kretzschmar.
"Bob Hanning hat mich vor Weihnachten angerufen und gefragt, ob ich diesen Job machen will", bestätigte Kretzschmar auf Nachfrage. Er habe einige Wochen über die interessante Offerte nachgedacht. "Und ich fand diese Idee eigentlich auch ganz charmant."
Er berichtete dann seinen Eltern, bei denen er Weihnachten feierte, von dem Angebot des DHB. "Die waren sofort Feuer und Flamme und hätten an meiner Stelle sofort unterschrieben", sagt der 41-Jährige. Kretzschmars Vater war einer der erfolgreichsten Trainer des DDR-Handballs, seine Mutter war dreimal Handballweltmeisterin mit der DDR-Auswahl. "Mein Vater wollte am liebsten schon anfangen, die Trainingspläne zu schreiben", so Kretzschmar.
Der frühere Weltklasse-Linksaußen sah die Vorteile des Jobs. "In zwei Jahren haben wir die Frauen-WM im eigenen Land", sagt Kretzschmar. Und er findet, dass die deutschen Handballerinnen eine gute Zukunft vor sich haben. Der Rückraum sei sehr gut besetzt. "Und wir haben auch tolle Torhüterinnen." Dennoch lehnte Kretzschmar ab. "In der vergangenen Woche habe ich abgesagt", sagt er in Katar, wo er während der Männer-WM für Sport1 arbeitet, nannte zunächst jedoch keine Gründe für die Absage. Später sagte er der Deutschen Presseagentur: "Es ist nicht nur so, dass du keinen Trainerschein hast, sondern du bist auch noch ein völlig Externer. Am Ende war es ein Bauchgefühl".
Personalie sorgt für Verstimmung beim DHB
Die Verantwortlichen beim DHB sind verstimmt, weil die Personalie eher wie eine Marketingaktion als eine sportliche Lösung wirkt. Von einem Alleingang von Vizepräsident Hanning ist die Rede, viele schütteln den Kopf. "Ich werde nichts zu den Kandidaten für den Frauen-Bundestrainer sagen. Aber klar ist, dass wir ein längeres Bewerbungsverfahren haben werden", sagte DHB-Generalsekretär Mark Schober. DHB-Präsident Bernhard Bauer mag sich zu der Geschichte nicht äußern, aber er dementiert sie auch nicht.
Hanning hingegen bestätigt die Gespräche mit Kretzschmar, der abgesehen von wenigen Wochen beim Männer-Zweitligisten Leipzig über keinerlei Trainererfahrung verfügt. "Wir haben grundsätzlich über alles nachgedacht", sagte er im Teamhotel der deutschen Mannschaft in Doha auf Nachfrage. "Das ist auch ein legitimer Gedanke, wenn man darüber nachdenkt, wie man den Handball gut verkaufen kann."