Tommie Smith über Handschuh-Protest "Im Nachhinein war es ein Opfer"
Vor 50 Jahren protestierte Tommie Smith nach seinem Olympiasieg in Mexiko-Stadt mit erhobener Rechter Faust gegen Rassismus. Noch heute bewegt ihn das Thema - und die Bewertung seiner Aktion.
"Es herrschte Wandel. Wir mussten etwas tun, um vorwärts zu kommen", sagt Weltklassesprinter Tommie Smith in einem Interview der "Bild am Sonntag" 50 Jahre nachdem er bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt zunächst Gold gewann und dann den Moment auf dem Podium mit zum Himmel gereckter behandschuhter Faust für eine politische Geste nutzte. "Wir mussten die Sache selbst in die Hand nehmen. Hoffen, dass uns die Leute folgen, einen Denkprozess anstoßen."
Der heute 74-Jährige sagte auch, dass es trotz seiner politischen Wichtigkeit für ihn auch ein Opfer war: "Das war es, und es wurde im Nachhinein noch größer. Man verbannte mich, schloss mich aus. Ja, im Nachhinein war es ein Opfer. Wobei ich es damals gar nicht so gesehen habe." Heute denkt er anders über die Umstände seiner Aktion.
Smith war 1968 trotz einer Muskelverletzung im Oberschenkel angetreten und zu Gold gesprintet. "Ich hatte mich bis zu den Spielen gekämpft - diese Chance durfte ich mir nicht entgehen lassen", sagt der Olympiasieger. Nach seinem Weltrekord über 200 Meter in 19,83 Sekunden veranlasste das Internationale Olympische Komitee seinen sofortigen Ausschluss und eine Sperre. Es war sein letztes internationales Rennen.
Auch im Privatleben bekam Smith die Reaktionen auf seine Protestaktion zu spüren. Er verlor seinen Job und wurde von vielen Seiten angefeindet. Eine positive Veränderung in der Gesellschaft beobachtet er trotzdem.
"Es haben sich Dinge zum Positiven geändert, weil die jungen Leute heute Dinge mehr hinterfragen, statt eine vorgegebene Meinung einfach zu schlucken", sagt Smith über den politischen Prozess, den auch er auf großer Bühne mit angestoßen hat. "Aber auch heute noch gibt es Menschen, die diese Veränderungen für falsch halten. Darum ist der Prozess noch lange nicht abgeschlossen."
Konkret nach seiner Meinung zum aktuellen US-Präsidenten, Donald Trump, gibt sich Smith vorsichtig: "Ich bitte um Verständnis: Es gibt so viele Gräben. Ich möchte die nicht vertiefen."
tip/dpa