Angriff auf Kundendaten Auch Lufthansa spähte Journalisten aus
Auch die Deutsche Lufthansa ist offenbar nicht zimperlich, wenn es darum geht, Presse-Informanten in den eigenen Reihen zu enttarnen. In einem Fall nutzte sie Informationen über Passagiere - die noch weniger geschützt sind als Telefondaten.
Hamburg - Neben der Sicherheitsfirma Control Risks, die im Auftrag der Deutschen Telekom einen Journalisten der "Financial Times Deutschland" ("FTD") ausspionierte, hat auch die Lufthansa nach SPIEGEL-Informationen den Mitarbeiter der Wirtschaftszeitung ins Visier genommen, um interne Lecks im Aufsichtsrat aufzuspüren.
Lufthansa-Maschinen: Suche nach internen Lecks im Aufsichtsrat
Um Hinweise auf Kontakte des Mannes zu einem Mitglied des Kontrollgremiums zu erhärten, nutzte der Konzern auch interne Passagierdaten des Vielfliegers. Der Journalist war bei der Lufthansa bereits seit Mitte der neunziger Jahre aufgefallen, weil er zunächst im Wirtschaftsmagazin "Capital" und später in der "FTD" immer wieder über vertrauliche Vorstandsvorlagen berichtete.
Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE beauftragte der Lufthansa-Vorstand Anfang 2001 die Konzern-eigene Sicherheitsabteilung, den Tippgeber in den eigenen Reihen ausfindig zu machen. Die wurde schließlich fündig, als der "FTD"-Reporter mit der Lufthansa von Düsseldorf nach Hamburg flog, wo er sich mit seinem Informanten traf, einem langjährigen Arbeitnehmervertreter. Weil beide wenig Zeit hatten, nutzten sie die Lufthansa-Lounge am Hamburger Flughafen.
Der Kontrolleur, der offenbar schon damals in Verdacht geraten war, die "FTD" mit vertraulichen Informationen zu versorgen, wurde von einer Mitarbeiterin erkannt. Um seinen Gesprächspartner zu identifizieren, überprüften Konzernangestellte seine Flugdaten - und wurden prompt fündig. Die sensiblen Informationen sind intern über ein Computersystem mit dem Namen "Corona" abrufbar und werden dort in der Regel ein Jahr lang gespeichert.
Ein Lufthansa-Sprecher verteidigt gegenüber dem SPIEGEL das Vorgehen des Konzerns. "Bei uns ist nichts Illegales geschehen", versichert er. Da dem Aufsichtsrat damals hochkarätige Wirtschaftsvertreter angehörten, habe man den Kreis der potenziellen Informanten zunächst eingrenzen müssen. Die ausgewerteten Passagierdaten stünden intern ohnehin mehreren tausend Mitarbeitern zur Verfügung und würden deshalb weniger gut geschützt als Angaben über Telefonverbindungen.
Außerdem müssten Kunden, die einen Lufthansa-Jet besteigen, ohnehin damit rechnen, von Mitreisenden gesehen und erkannt zu werden. Der enttarnte Informant des "FTD"-Journalisten gab kurze Zeit später sein Aufsichtsratsmandat auf und wechselte in den vorgezogenen Ruhestand - "aus gesundheitlichen Gründen".