EZB-Krawalle in Frankfurt Blockupy drückt sich um Verantwortung
Hunderte Verletzte, ausgebrannte Autos und Millionenschäden: Die Krawalle zur Eröffnung des EZB-Neubaus werfen ein schlechtes Bild auf die Organisatoren des Blockupy-Bündnisses. Die Bewegung muss um ihren Ruf kämpfen - und versagt.
Die kapitalismuskritische Blockupy-Bewegung muss jetzt selbst viel Kritik einstecken. Erst einmal, weil die Demonstration rund um die Eröffnungsfeier der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwochmorgen eskalierte. Und nun, weil die Organisatoren sich bei einer Pressekonferenz am Donnerstag weigerten, sich von den gewalttätigen Auseinandersetzungen klar zu distanzieren.
"Das hatten wir so nicht geplant. Das war zum Teil außerhalb unseres vereinbarten Aktionskonsenses" - mehr können sich die interventionistische Linke, Attac, Occupy, Grüne Jugend und das kommunistische Ums-Ganze-Bündnis nicht abringen.
Frederic Wester von Ums Ganze verliert nach wiederholten Nachfragen irgendwann die Geduld. "Nein, ich distanziere mich nicht von allen Aktionen, die außerhalb der Straßenverkehrsordnung waren", sagt er. Eberhard Heise von Attac sagt immerhin, er sei "traurig und entsetzt" über einige Vorkommnisse vom Vortag. Der eigentliche Plan von "bunten Blockaden" mit Aktionen zivilen Widerstands und Wortbeiträgen sei nicht aufgegangen. Wegen des Drucks der Polizei, ergänzt er.
Die bisherige Bilanz des Vortags ist verheerend: 150 verletzte Polizisten, darunter zwei schwer. Sieben ausgebrannte und 55 beschädigte Polizeifahrzeuge sowie zahlreiche beschädigte Privatautos. Blockupy spricht von 200 verletzten Aktivisten.
Von insgesamt 525 kurzzeitig Festgehaltenen bleiben laut Polizei bislang 26, darunter bislang fünf richterlich bestätigte Haftbefehle. Ermittlungen nach weiteren Straftätern werde man mit Nachdruck führen, kündigte Polizeipräsident Gerhard Bereswill an. Die Anzeigen wegen Sachbeschädigung liefen gerade erst ein. Der Schaden: in Millionenhöhe. Bereswill spricht von den "schlimmsten Ausschreitungen in Frankfurt seit Jahrzehnten". Und von einer neuen Form von Aggressivität.
Doch die Blockupy-Organisatoren, ein Zusammenschluss von mehr als 90 Organisationen, verzichten trotz der Verletzten und anderer Schäden - und einem vernichtenden Medienecho - auf eine klare Distanzierung. Setzt die Bewegung ihren Rückhalt und ihren möglichen Einfluss aufs Spiel?
Die Kritik an der EZB und der Sparpolitik in Europa findet in der Bevölkerung generell durchaus Widerhall, wie der bunte, farbige und friedliche Protest am Mittwochnachmittag auf dem Frankfurter Römerberg zeigte. Doch angesichts der Eskalation zuvor wird nun über schärfere Gesetze und Demonstrationsauflagen diskutiert.
"Blockupy macht es sich zu einfach"
Genau deshalb hätte eine klare Distanzierung der Blockupy-Organisatoren helfen können. Es wäre ein Eingeständnis gewesen, dass man es am Vortag versäumt hatte, frühzeitig eine klare Linie zu ziehen, zwischen denen, die gar nicht diskutieren wollen und denen, die etwas zu sagen haben.
"Blockupy macht es sich zu einfach, wenn sie sagen, sie hätten mit der Gewalt nichts zu tun", sagt Polizeichef Bereswill. "Diese Ausschreitungen waren organisiert und keinesfalls spontan." Das Gelände rund um die EZB sei von auswärtigen Personen systematisch und lange im voraus aufgeklärt worden, behauptet er. Nach Darstellung der Polizei waren es 4000 Straftäter - und nicht Demonstranten, die am Mittwoch zwischen 6 und 9 Uhr früh marodierend durch die Stadt zogen. Nur wenige Hundert hätten sich an den angemeldeten Blockaden und dem dort aufgebotenen Programm beteiligt. "Die Organisatoren von Blockupy sollten sich fragen, ob jetzt nicht ein Wendepunkt erreicht ist."
Jennifer Werthwein aus dem Bundesvorstand der Grünen Jugend verteidigte sich auch mit ihrer Wehrlosigkeit: "Wie hätte man die Randale denn verhindern sollen?", fragt sie. Werthwein ist - wenngleich nur in einer Jugendorganisation - die einzig verbliebene Vertreterin einer parlamentarischen Kraft auf dem Podium der Pressekonferenz.
Der Anmelder der Demonstration, der Landtagsvizepräsident Ulrich Wilken von der Linken, hält sich inzwischen fern.