Kredit und Versicherung Worauf Sie beim Autokauf achten sollten
Das neue Auto ist ein Schnäppchen - doch die Finanzierung kann noch teuer werden. Besonders ärgerlich wird es, wenn Sie sich eine unnötige Versicherung aufschwatzen lassen.
Die Farbe ist schick, der Lack glänzt verführerisch und das Panoramadach erfreut den künftigen Eigentümer. Immer mehr Kunden leisten sich aktuell ein neues Auto, oft auch ein gebrauchtes. Und viele Käufer haben dabei das Gefühl, besonders clever zu sein. Denn gerade die Verkaufspreise für neue Autos sind seit Monaten auf historisch niedrigem Niveau. Die Rabatte werden immer größer.
Tatsächlich bekommen Käufer meist die besten Preise über Autoportale. Und im Zweifel gehen Sie mit den dort angezeigten Preisen zu Ihrem lokalen Autohändler und sagen, zu dem Preis will ich das Auto von Ihnen haben.
Aufpassen müssen Sie aber immer noch bei der Finanzierung. Laut einer GfK-Studie werden ein Drittel aller Gebrauchtwagen finanziert, und fast die Hälfte aller Neuwagen. Die Autobanken behaupten, sie würden jeden zweiten Autokredit selbst abwickeln. Und in ihren Broschüren schreiben sie sehr offen, dass ihre zentrale Aufgabe nicht das Lösen von Kundenproblemen sei, sondern die Verkaufsförderung.
Die Branchenlobby der Autobanken (Arbeitskreis Autobanken AKA) rühmt sich: "Kunden der Herstellerbanken nutzen ihr Fahrzeug durchschnittlich 4,4 Jahre. Bei Barzahlern hingegen ist die Fahrzeughaltedauer mit 5,9 Jahren deutlich länger." Vier von zehn Kunden, die eigentlich einen Gebrauchtwagen kaufen wollten, würden sich beim Händler wegen des Kreditangebots dann doch für einen Neuen entscheiden.
Drei Jahre später ist Zahltag
Die reine, vielleicht zu teure Kaufentscheidung ist das eine,doch dieser Autokauf kann auch jenseits des Fahrzeugs für Probleme sorgen.
Da wäre zunächst die Ballonfinanzierung: Das Autohaus oder der Hersteller bietet Ihnen ein Auto an mit einer Finanzierung von zum Beispiel 99 Euro im Monat, womöglich mit 0 Prozent Zinsen wie aktuell bei Modellen von Ford oder Renault. Und nach zwei oder spätestens drei Jahren sollen Sie dann eine hohe Schlussrate von 8.000 Euro zahlen. Das Geld sollten Sie als Kunden dann am besten zur Seite gelegt haben, denn wenn sie in drei Jahren wieder einen Kredit für die Restsumme brauchen, werden Sie wahrscheinlich den marktüblichen Zins zahlen müssen - und der kann dann schon mal bei 6 Prozent liegen.
Alternativ denken Sie vielleicht, Sie könnten ja nach den zwei oder drei Jahren auf 99 Euro das Auto zurückgeben und ein neues Auto kaufen. Und tatsächlich wird der gleiche Händler bei der Rücknahme wohl nicht so genau hinsehen, wenn Sie gleich einen neuen bestellen. Wohl aber, wenn Sie das Auto zurückgeben wollen, ohne ein neues zu kaufen. Dann zahlen Sie jede kleinste Delle. Selbst wenn Sie wieder ein Auto brauchen: Weder können Sie den Händler wechseln, um eine bessere Verhandlungsposition zu erzielen, noch die Marke.
Unnötige Versicherungen
Neben dem Kredit fürs Auto werden Ihnen meist auch nochjede Menge anderer Verträge angeboten, am teuersten sicher eine Restschuldversicherung, die nicht nur die Restraten zahlt, wenn sie ums Leben kommen, sondern angeblich auch hilft, wenn sie krank oder arbeitslos werden.Solche Verträge haben viele Löcher beim Schutz und sind viel zu teuer. Und als Sicherheit für den Kredit sind sie überflüssig, denn die Bank hat ja als Sicherheit das Auto, das sie verwerten kann, wenn der Kunde nicht mehr zahlt.
Daimler und BMW freuen sich Jahr für Jahr in ihren Geschäftsberichten, wie viele Millionen teurer Versicherungen ihre Bank- und Leasingtöchter den Kunden verkauft haben. Und der Preis der Restschuldversicherungen ist hoch. Bei VW heißen die Verträge Kreditschutzbrief und kosten bei einem Vier-Jahres-Kredit über 15.000 Euro mit ohnehin hohen Zinsen von fast 6,5 Prozent noch einmal 1.500 Euro extra, bei jeder der 48 Monatsraten also knapp 32 Euro mehr.
Im Vergleich ist dieser unsinnige Kredit-Schutzbrief der Autobank dabei beinahe noch ein Schnäppchen. Bei der Postbank, einem großen Ratenkreditanbieter, kostet der Autokredit in dieser Berechnung zwar deutlich weniger, die Restschuldversicherung, hier Ratenschutzbrief genannt, frisst über die vier Jahre aber 20 Prozent der Kreditsumme. Wenn Sie also zum 15.000-Euro-Kredit der Postbank für ihr Auto eine große Restschuldversicherung abschließen (Premiumpaket Arbeit) kostet diese über eine Laufzeit von vier Jahren mehr als 3.000 Euro extra (48 Monate lang jeweils 67 Euro mehr).
Zurück ins Autohaus: Dort gehört die Restschuldversicherung zum Kernprogramm - meistens gemeinsam mit dem Kredit der Autobank und der KFZ-Versicherung vom befreundeten Versicherer, für die der Händler eine dicke Provision kassiert.
Von den 1,46 Millionen Autokrediten, die die Kreditbanken im Bankenfachverband im Jahr 2016 verkauft haben, wurden 1,35 Millionen im Autohaus abgeschlossen. Und hier sind die Autobanken sicher besonders stark. Das gilt auch für den Verkauf der Versicherungen: 30 Prozent der Kunden habe man eine Restschuldversicherung verkaufen können, so die Arbeitsgemeinschaft der Autobanken, und sogar rund 50 Prozent eine (oft zu teure) KFZ-Versicherung.
Meine Empfehlung deshalb:
- Kaufen Sie das Auto selbst preiswert, zum Preis der Autoportale, gern bei Ihrem Händler.
- Machen Sie es wie beim Wochenendeinkauf. Nur was auf dem Zettel steht, kommt in den Korb. Wenn der Gebrauchte für 12.000 Euro vorgesehen war, ergibt die schönste Finanzierung der Welt für einen Neuwagen um die 18.000 Euro trotzdem keinen Sinn.
- Prüfen Sie auch die schönste Finanzierung. Zahlen Sie so viel wie möglich an und den Rest am besten in Raten zu den aktuell niedrigen Zinsen.
- Schließen Sie keine KFZ-Versicherung im Autohaus ab, die ist dort meist viel zu teuer.
- Und vor allem vermeiden Sie die Restschuldversicherungen, die ist unsinnig und teuer.
Meine Fragen, wie viele Restschuldversicherungen denn von den einzelnen Autobanken jährlich abgeschlossen werden, blieben in dieser Woche unbeantwortet. Schnell geantwortet hat nur die ING-Diba, aber die bietet mit ihren Krediten keine Restschuldversicherungen an.
- Finanztip
Tenhagen hat zuvor als Chefredakteur 15 Jahre lang die Zeitschrift "Finanztest" geführt. Nach seinem Studium der Politik und Volkswirtschaft begann er seine journalistische Karriere bei der "Tageszeitung". Dort ist er heute ehrenamtlicher Aufsichtsrat der Genossenschaft. Bei SPIEGEL ONLINE schreibt Tenhagen wöchentlich über den richtigen Umgang mit dem eigenen Geld.