Mehrwertsteuer in Griechenland Wenn der Schokoriegel plötzlich 20 Cent teurer ist
Für die griechischen Bürger hat die neue Woche höhere Preise und geöffnete Banken gebracht. Die Mehrwertsteuerreform macht vieles teurer - und manches sehr kompliziert.
Seit Montagmorgen gelten für die Mehrwertsteuer neue Regeln in Griechenland. Statt einer kaum überschaubaren Zahl von unterschiedlichen Sätzen, gelten jetzt nur noch drei: 6, 13 und 23 Prozent. Vor allem verpackte oder verarbeitete Lebensmittel fallen neuerdings unter den höchsten Satz von 23 Prozent, ebenso wie Getränke und Mahlzeiten in Cafés und Restaurants.
Trotz dieser angestrebten Vereinfachung ist die Mehrwertsteuerwelt in Griechenland jetzt ähnlich kompliziert wie in Deutschland. Denn für welche Produkte genau der höhere Satz fällig wird, lässt sich nicht so einfach zusammenfassen. Er wird zusätzlich zum Beispiel auf manche Fleischsorten erhoben - aber eben nicht auf alle. Außerdem gilt er für Bratöl, aber nicht für Olivenöl. Und es bleiben weitere Ungereimtheiten bestehen.
Die Regierung hat pünktlich zur Umstellung ein achtseitiges Merkblatt an alle Supermärkte verschickt, in dem sie erklärt, wie die Geschäfte ihre Produkte nach den Mehrwertsteueränderungen bepreisen sollen. Offenbar ist das Memo aber nicht ganz so einfach zu verstehen, weshalb einige Läden ihre Preise auf gut Glück festlegen.
Butter jetzt 1,90 statt 1,50 Euro
Der Einkauf wird für die Griechen jedenfalls teurer. SPIEGEL ONLINE hat ein paar Beispiele zusammengetragen. Die Preise waren am Montag sofort gestiegen, wie diese kurze Recherche in einem kleinen Supermarkt in Thessaloniki zeigt: Butter kostet jetzt 1,90 Euro statt 1,50 Euro, Becel Proactive Margarine kostet 5,99 Euro, zuvor waren es 5,50 Euro. Ein Schokoriegel kostet 1,45 Euro, während man vor dem Wochenende noch 1,25 Euro bezahlen musste. Der Preis für eine Packung Philadelphia stieg von 2,20 Euro auf 2,40 Euro.
Die Vereinheitlichung der Mehrwertsteuersätze hat - ähnlich wie in Deutschland - nicht immer sinnvolle Ergebnisse gebracht: Bei Nudeln beispielsweise hat sich nichts geändert, es sei denn, sie sind gefüllt. So zahlen die Griechen für eine Packung Tortellini jetzt 2,15 Euro statt 2,05. Insgesamt, schätzen einige Ladenbesitzer, dürfte der Durchschnittseinkauf rund 20 Prozent teurer werden.
Viele der größeren Supermärkte federn die gestiegene Mehrwertsteuer allerdings ab. Die deutsche Discounter-Kette Lidl hatte in der vergangenen Woche bereits damit geworben, dass die Preise gleich bleiben. Im Internet kursierten trotzdem Fotos, die beweisen sollen, dass Lidl die Preise bereits vor der Mehrwertsteuererhöhung angehoben hatte. Dem Unternehmen zufolge stimmt das nicht. Lediglich zwei Produkte seien teurer geworden, aber aus anderen Gründen.
Ein Aufruf zum Boykott des deutschen Discounters bleibt bislang offenbar folgenlos. Eine Filiale berichtete gar von 20 Prozent mehr Umsatz an dem Wochenende, bevor die Banken geschlossen wurden. Der Wut auf Deutschland wegen der Sparauflagen der Eurozone hielt Lidl entgegen, dass 80 Prozent der Frischwaren und der größte Teil der Fleischprodukte aus Griechenland kämen.
Wie komplex die neuen Mehrwertsteuerregeln sind, zeigt eine erfundene Stellenanzeige, die sich derzeit über die sozialen Netzwerke verbreitet. Es wird gesucht: "ein Ökonom mit Doktor- oder vergleichbarem Titel in Makroökonomie für Arbeit in Schlachterei. Zur Hauptaufgabe wird es gehören, die Herstellungskosten, den Verkaufspreis und den jeweiligen Mehrwertsteuersatz für Kebab zu berechnen. Die Kebabs werden aus vier verschiedenen Sorten Fleisch hergestellt (Kalb, Schwein, Lamm und Hammel), von denen drei eine Mehrwertsteuer von 13 Prozent haben, eine von 23 Prozent. Dazu kommen acht verschiedene Gewürze, von denen fünf mit 13 Prozent besteuert werden, drei wiederum mit 23 Prozent. Wir akzeptieren Bewerbungen von früheren Finanzministern; die Bezahlung ist relativ gut, Mahlzeiten sind eingeschlossen."
gec/nck