Frauen in Aufsichtsräten Merkel und Schröder lehnen EU-Quote ab
Kanzlerin Merkel und Familienministerin Schröder sperren sich gegen eine EU-weite feste Frauenquote für Aufsichtsräte großer Konzerne: Eine solche Regelung müsse auf nationaler Ebene entschieden werden. Damit sinken die Chancen für den Gesetzentwurf der EU-Kommission.
Berlin/Brüssel - Viviane Reding mag ihre Kollegen in der EU-Kommission von einer Frauenquote für die Aufsichtsräte von Europas börsennotierten Unternehmen überzeugt haben - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine solche einheitliche Regelung für die ganze EU jedoch strikt ab. "Wir sind der Meinung, dass das auf nationaler Ebene geregelt werden muss", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Als Grund für die Ablehnung der Bundeskanzlerin nannte Seibert allerdings rein rechtliche Bedenken. Es gebe keine europäische Rechtsgrundlage für die vorgeschlagene Quotenregelung. Das habe nichts mit dem Inhalt der Initiative zu tun.
Seibert reagierte damit auf den Gesetzentwurf von Justizkommissarin Reding, den die EU-Kommission am Mittwoch beschlossen hatte. Dieser schreibt den rund 5000 börsennotierten Firmen in der EU vor, bis 2020 Aufsichtsratsposten zu 40 Prozent mit Frauen zu besetzen. Allerdings müssen sowohl das Europaparlament als auch der EU-Ministerrat - also die Regierungen der Mitgliedstaaten - dem Gesetz zustimmen, damit die Frauenquote verpflichtend wird. Ob Deutschland den Vorstoß auch formal ablehnen wird, wenn dies ansteht, wollte Seibert nicht sagen.
Schwesig und von der Leyen für EU-Vorschlag
Auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) kritisierte das Vorhaben scharf. Die EU-Kommission habe für eine solche Regelung keine Zuständigkeit, sagte Schröder: "Die nationale Gesetzgebung muss Vorrang haben vor Brüsseler Vorschriften." Es sei völlig offen, was mit dem Vorschlag passiere. In dem EU-Beschluss gebe es zudem eine Reihe von Unklarheiten. So würden in Deutschland Aufsichtsräte nicht benannt, sondern gewählt. Die Vereinbarkeit von echten Wahlen mit den Vorstellungen aus Brüssel werde sich noch als Hürde erweisen, sagte die CDU-Politikerin.
Die Opposition griff die Regierung wegen ihrer Haltung an: Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig sagte, die Kanzlerin und die Familienministerin müssten nun "von ihrer ideologisch verbohrten Position runterkommen". Beide dürften ihre Zustimmung zu einer gesetzlichen Frauenquote nicht länger verweigern. Freiwillige Vereinbarungen seien reine Makulatur.
Der Vorstoß der EU-Kommission sei wirtschaftlich sinnvoll und vor allem gerecht, sagte Schwesig hingegen. Diese Meinung wird in ihrer Partei geteilt: Die SPD begrüßte den EU-Vorschlag als "großen Tag für Europas Frauen".
Auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stellte sich auf die Seite der Befürworter. Sie plädiert weiter für eine feste Quoten-Regelung. Die Ministerin trete unverändert dafür ein, den Unternehmen "klare Ziele" zu setzen und Zeitvorgaben zu machen, betonte ihre Sprecherin. Allerdings ist sie mit dieser Haltung in der Bundesregierung isoliert.
fdi/sun/dpa/dapd