Nord Stream 2 Erste Teilgenehmigung für umstrittene Pipeline
Die Ostseepipeline Nord Stream 2 ist in Europa politisch höchst umstritten. Trotzdem hat die zuständige Behörde eine erste Teilgenehmigung erteilt. Bereits im kommenden Jahr soll der Bau beginnen.
Der Pipelinebauer Nord Stream 2 will 2018 mit der Verlegung der Rohre beginnen. Ende 2019 könnte den Plänen zufolge das erste russische Gas durch die Pipeline nach Deutschland strömen. Alle Genehmigungsverfahren verliefen nach Plan, sagte der Sprecher von Nord Stream 2.
Der Umweltverband WWF prüft, ob er Widerspruch gegen die erste Teilgenehmigung einlegt, obwohl die aufgelisteten Argumente eigentlich nichts mit Umweltfragen zu tun haben. Weder sei ernsthaft geprüft worden, ob der von Nord Stream behauptete Bedarf an Erdgas in der Europäischen Union tatsächlich bestehe, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros Jochen Lamp. Noch sei auf die in der nichtöffentlichen Anhörung geäußerten sicherheitsrelevanten Bedenken der Bundeswehr eingegangen worden. Ein Teil der Pipeline durchläuft ein militärisches Übungsgebiet.
Die Leitung mit einer Transportkapazität von jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas ist auch innerhalb der EU politisch höchst umstritten. Vor allem osteuropäische Länder lehnen die Trasse vehement ab. So bezeichnete der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die Ostseepipeline im Juni während eines Besuchs in Brüssel "als Werkzeug russischer Energie-Aggression" gegen sein Land. Auch in Polen und einigen baltischen Staaten, die auf die zunehmende Abhängigkeit von Energielieferungen durch Russland verweisen, dürften eigene wirtschaftliche Interessen eine wichtige Rolle spielen.
Zuletzt hatte die EU-Kommission eine Initiative für neue Auflagen zum Betrieb der Gasleitung gestartet. Zudem hatte Dänemark die gesetzliche Grundlage dafür gelegt, das Projekt in den eigenen Hoheitsgewässern zu stoppen.
Dabei ist der Hinweis grundsätzlich richtig, dass Verbraucher und Unternehmen in Deutschland zunehmend von der Versorgung mit Erdgas aus dem Ausland abhängig sind. Zwar hätten die Länder Europas Zugang zu großen Teilen der Gasreserven, betonen die Experten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in ihrer jährlichen Energiestudie. Die Autoren des Papiers, das am Dienstag vorgelegt wird, weisen aber auch auf die Bedeutung internationaler Lieferungen hin: "Aufgrund der rückläufigen Erdgasförderung in Deutschland und Europa wächst die Abhängigkeit von Importen."
Besonders in der Bundesrepublik, wo Gas beim Übergang zu mehr erneuerbaren Energien eine Schlüsselrolle spielt, ist die Nachfrage hoch - mit entsprechender Verwundbarkeit im Fall größerer Preis- oder Mengenausschläge. "Schon heute ist Deutschland der weltweit größte Importeur von Erdgas", erklärt Harald Andruleit von der BGR. Gut ein Viertel (23 Prozent) des gesamten nach Europa eingeführten Erdgases sei zuletzt hierher gegangen. Vor allem mit Russland und den Golfstaaten bestehen Verträge.
Verbraucherportale schätzen, dass die Durchschnittspreise für Endverbraucher nach dem Sinken unter die Marke von sechs Cent je Kilowattstunde im kommenden Jahr noch stabil bleiben dürften. Mittelfristig könnte Erdgas aber wieder teurer werden.
mik/dpa