Brüssel EU-Freihandelspakt mit der Ukraine verzögert sich
Das EU-Freihandelsabkommen mit der Ukraine wird um 15 Monate aufgeschoben. Bis dahin soll das Land weiterhin einen privilegierten Zugang zum EU-Markt haben. Russland hatte gedroht, gegen den Pakt mit Importzöllen zu reagieren.
Brüssel/Moskau - Das von Moskau kritisierte Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine soll später in Kraft treten als geplant. Darauf hätten sich die Europäische Union (EU), Russland und die Ukraine verständigt, teilte EU-Handelskommissar Karel De Gucht mit.
"Wir haben vereinbart, die provisorische Anwendung bis zum 31. Dezember nächsten Jahres zu verzögern", sagte EU-Handelskommissar Karel De Gucht nach Gesprächen mit dem russischen Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew und dem ukrainischen Außenminister Pawel Klimkin. Der EU-Ministerrat müsse diesem Vorschlag aber noch zustimmen.
Ursprünglich sollte das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und der Ukraine am 1. November in Kraft treten. Der Freihandelspakt sieht eine weitgehende Öffnung der Märkte der EU und der Ukraine und eine Anpassung der Standards vor. Der Pakt ist ein wichtiger Bestandteil des EU-Assoziierungsabkommens, das der ukrainische Präsident Petro Poroschenko Ende Juni unterzeichnet hatte.
De Gucht sagte weiter, die EU wolle wegen der Verschiebung ihre einseitig eingeräumten Handelsvorteile für die Ukraine bis Ende kommenden Jahres verlängern. Die Union hatte alle Einfuhrzölle für ukrainische Waren gestrichen. Diese Vorteile sollten eigentlich ebenfalls zum 1. November auslaufen. Auch dieser Schritt müsse noch von den EU-Institutionen abgesegnet werden, kündigte De Gucht an.
Russlands Wirtschaftsminister Uljukajew sagte, der Dialog werde über die kommenden 15 Monate fortgesetzt. Zuvor hatte er russischen Nachrichtenagenturen zufolge gewarnt, dass Russland ab 1. November Importzölle auf ukrainische Waren einführen werde, sollte die Regierung in Kiew den Freihandelspakt mit der EU schließen.
Russland will sich über Sanktionen bei WTO beschweren
Auf die neuen Sanktionen der EU und der USA reagiert die Regierung in Moskau derweil mit Empörung. Man werde Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO einlegen, sagte Uljukajew nach Berichten der Nachrichtenagentur Ria, wie Reuters meldet.
Kreml-Chef Wladimir Putin nahm die erweiterten Strafmaßnahmen gegen Russland zum Anlass, ironische Töne anzuschlagen: "Ich begrüße diese Entscheidung der EU. Je weniger unsere Beamten und Unternehmenschefs ins Ausland reisen und je mehr sie sich stattdessen um die laufenden Geschäfte kümmern, desto besser", sagte Putin am Rande eines Gipfeltreffens in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe.
Russlands Präsident warf dem Westen zudem vor, den Ukraine-Konflikt "zur Wiederbelebung der Nato als außenpolitisches Schlüsselinstrument" der USA zu missbrauchen. Das westliche Nachbarland sei damit "de facto zur Geisel ausländischer Interessen geworden", sagte Putin. Die jüngsten Sanktionsverschärfungen des Westens würden ihn in seinem Eindruck bestärken: "Sanktionen als außenpolitisches Instrument sind wenig wirksam und haben noch nie die erhofften Resultate gebracht", fügte er hinzu.
Die am Freitag in Kraft getretenen EU-Strafmaßnahmen richten sich gegen die staatlichen Energiekonzerne Rosneft, Transneft und Gazprom sowie gegen mehrere Rüstungsunternehmen und Banken, denen die Kreditaufnahme in Europa erschwert wird. Die USA beschreiben ihre Sanktionen als fast exakt vergleichbar mit jenen der Europäischen Union. Auf der US-Sanktionsliste steht jetzt auch das größte russische Geldinstitut, die Sberbank. Russland erwägt derweil, den Westen mit Gegensanktionen zu bestrafen.
bos/AFP/dpa/Reuters