US-Ölbohrung in Angola Goldman-Beteiligung unter Korruptionsverdacht
Erneuerbare Energien boomen weltweit, doch das Erdölzeitalter ist noch lange nicht vorbei. Vor der Küste Angolas in Westafrika herrscht geradezu Goldgräberstimmung: An den Bohrungen ist auch die US-Investmentbank Goldman Sachs beteiligt - und möglicherweise in einen Korruptionsskandal verwickelt.
Hamburg - Die Ausbeutung von Rohstoffen ist für private Konzerne schwieriger geworden. Leicht erschließbare Felder sind inzwischen rar und immer mehr Länder nehmen den Abbau ihrer Bodenschätze selbst in die Hand: In Lateinamerika schrecken die Regierungen auch nicht davor zurück, die Öl- oder Gasindustrie kurzerhand zu verstaatlichen. Viele Unternehmen investieren deshalb in Afrika. In der Tiefsee vor der Westküste werden enorme Ölvorkommen vermutet, und vor allem in Angola sind noch nicht alle Claims vergeben.
Ausländische Firmen, die vor der angolanischen Küste nach Öl bohren wollen, müssen bei der Regierung in Luanda eine Lizenz beantragen. Die bekommen sie aber nur, wenn sie ein Joint Venture mit einem heimischen Unternehmen eingehen. Ganz ohne Risiko ist das allerdings nicht: Die US-Investmentbank Goldman Sachs
und US-Fonds könnten jetzt in einen Korruptionsfall in dem westafrikanischen Land hineingezogen werden - die US-Börsenaufsicht SEC durchleuchtet die Geschäfte der weithin unbekannten Firma Cobalt International Energy.
Das kleine Rohstoffunternehmen wurde zum Beginn des aktuellen Ölpreisbooms gegründet - im Jahr 2005. Damals begann Goldman Sachs ins Geschäft mit echtem Erdöl einzusteigen - unter anderem investierte die US-Investmentbank 500 Millionen Dollar in den texanischen Öl- und Gasförderer Cobalt. Die kleine Firma zog weitere bekannte Investoren an: Die Private-Equity-Gesellschaften Carlyle, Riverstone und First Reserve Corporation beteiligen sich ebenfalls mit einem knappen Fünftel.
Jahrelange Verluste, dann ein gigantischer Ölfund
Bis einschließlich 2011 aber fuhr das Unternehmen Jahr für Jahr Verluste ein, zuletzt mehr als 130 Millionen Dollar. Die Aktie beeinflusste das kaum, jahrelang dümpelte sie um den Ausgabekurs von 13,50 Dollar herum - bis im Februar dieses Jahres eine Nachricht die Ölwelt elektrisierte: In der Tiefsee vor der Küste von Angola war Cobalt in der Erkundungsbohrung Cameia 1 auf ein gigantisches Ölfeld gestoßen. Der Aktienkurs schoss um 38 Prozent in die Höhe. Fast zur selben Zeit gab das Unternehmen - gut versteckt in seinem umfangreichen Geschäftsbericht - bekannt, dass die US-Börsenaufsicht SEC und das US-Justizministerium die Angola-Geschäfte untersuchen wollen.
Angola gilt als vielversprechender Öllieferant für die Welt - die Vorkommen könnten ebenso groß sein wie die Funde vor der Küste Brasiliens. Die großen Ölkonzerne, von Shell
über Total
und Exxon Mobil
bis Sinopec, haben sich bereits in Luanda niedergelassen, das als teuerste Hauptstadt der Welt gilt. Gleichzeitig sollen Angolas Eliten hoffnungslos korrupt sein, Transparency International listet das Land in seinem Korruptionsindex auf Platz 168 von 178. Und das droht der Goldman-Sachs-Beteiligung, die seit 2007 vor Ort nach Öl sucht, jetzt zum Verhängnis zu werden.
Es geht um eine angolanische Partnerfirma des US-Unternehmens mit dem Namen Nazaki Oil and Gáz. Über Umwege sind einem Bericht der "Financial Times" zufolge drei ranghohe Regierungsmitglieder mit dem Unternehmen verbunden. Börsenaufsicht und Justiz in den USA ermitteln deshalb jetzt nach dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA), ob Cobalt sich den Weg zum Öl mit Schmiergeld erkaufte.
Bericht über Korruptionsverdacht lässt Aktienkurs abstürzen
Cobalt International Energy hat die Vorwürfe der "FT" zurückgewiesen und die Journalisten zugleich attackiert. Die Autoren des Textes hätten sich geweigert, dem Unternehmen Dokumente zu geben, die den Bericht stützten, es handele sich um "ungeheuerliche, nachweislich falsche Anschuldigungen". Der Aktienkurs stürzte nach dem Bericht trotzdem umgehend um elf Prozent ab.
In seinem Jahresbericht an die SEC schreibt Cobalt Ende Februar über die Ermittlungen: "Im Herbst 2010 wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass es Verbindungen zwischen Nazaki Oil and Gáz und leitenden Beamten der angolanischen Regierung geben soll", heißt es dort. Nazaki habe diese Vorwürfe aber stets zurückgewiesen. Im März 2011 habe die SEC dann eine informelle Untersuchung der Vorwürfe eingeleitet und Cobalt von sich aus das US-Justizministerium kontaktiert. Im November 2011 hätten SEC und US-Justiz schließlich Ermittlungen aufgenommen.
Branchenkenner zeigen sich von den Anschuldigungen nicht überrascht. Im Rohstoffgeschäft laufe kaum etwas ohne die Beteiligung der Regierungen vor Ort und auch selten ohne irgendeine Form von Korruption. Offen aussprechen mag das allerdings niemand.
Trotzdem könnten die Ermittlungen auch die Investmentbanker von Goldman Sachs unter Druck setzen - für die US-Bank lief es in den vergangenen Monaten nicht gut: Das Image des Geldhauses ist durch Bonusdiskussionen und Klagen arg ramponiert. Der aktuelle Korruptionsfall in Angola passt nur zu gut in das Bild, das ein Ex-Mitarbeiter vor kurzem in einem Gastbeitrag für die "New York Times" zeichnete. Die Bank habe ihre eigenen Ideale verraten, Geschäftspartner würden abgezockt und als Deppen verhöhnt - die Wall-Street-Legende sei "moralisch verrottet".
Der jüngste Quartalsgewinn allerdings lag über den Erwartungen der Analysten - anders, als bei Cobalt International: Am Mittwoch gab das Unternehmen einen Quartalsverlust von 37 Millionen Dollar bekannt - mehr als doppelt so viel wie im Vorjahresquartal.