Tech-Firmen Facebooks Schwäche, Googles Stärke
Der Datenskandal bei Facebook lässt an der Börse Tech-Aktien fallen und hat Einfluss auf die gesamte Branche. Leidet jetzt auch Google? Die neuen Zahlen könnten Hinweise geben.
Jahrelang waren die Google-Mutter Alphabet und Facebook unangreifbar - und die Aktien dieser Tech-Firmen gehörten an der Wall Street zu den Lieblingen der Investoren. Die Alphabet-Aktie stieg allein seit Mai 2012 um rund 260 Prozent, Facebook kommt seitdem gar auf ein Plus von 340 Prozent.
Doch seit Anfang März stehen die Aktien plötzlich unter Druck. Sie bekommen das erste Mal seit Langem an den Börsen heftigen Gegenwind: Facebook-Papiere verloren in den vergangenen vier Wochen bis zu zehn Prozent an Wert, Alphabet-Papiere acht Prozent.
Ist dies also das Ende des Booms der Technologieaktien, das skeptische Experten schon lange heraufbeschwören?
Noch immer erwirtschaften die beiden Konzerne Gewinne, von denen andere Firmen nicht zu träumen wagen. Fachleute machen sich trotzdem Sorgen: Denn seit dem Datenskandal bei Facebook ist die Gefahr groß, dass die Politik die Digitalkonzerne stärker regulieren könnte.
An diesem Montagabend legt nun die Google-Mutter Alphabet Ergebnisse für das erste Quartal vor. Investoren erwarten die Zahlen mit Spannung - sie erhoffen sich eine Antwort auf die Frage, ob das Geschäft des Datenkonzerns Google unter der aktuellen Debatte um Datenmissbrauch leiden könnte. "In der öffentlichen Wahrnehmung gilt das Datensammeln plötzlich als unappetitlich, während es die Jahre zuvor als genial galt", sagt Georg von Wallwitz, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung von Eyb & Wallwitz.
Google könnte unter den aktuellen Diskussionen weitaus mehr leiden als Facebook. Kein anderer Konzern weltweit häuft so viele Daten an wie Google.
Google Analytics ist längst die dominierende Analyseplattform des Internets und sammelt die Daten der Nutzer unabhängig davon, ob sie ein Google-Konto haben oder nicht. Google greift Daten der Nutzer aus ihrem Browser- und Suchverlauf und ihren installierten Apps ab und erhebt dabei auch sensible Daten wie ihr Alter und Geschlecht. Noch immer entfällt der größte Teil des Umsatzes des Konzerns auf Werbung, die Alphabets Hauptsparte Google mit seiner gleichnamigen Suchmaschine oder mit der Videoseite YouTube erzielt.
"Alphabet würde bei härterer Regulierung nicht umfallen"
Doch selbst wenn die Politik bald härter einschreiten würde, wäre Googles Geschäftsmodell wohl nicht im Kern bedroht. Zielgruppengerechte Werbung, die womöglich eingeschränkt werden könnte, macht nur rund 20 Prozent des gesamten Werbeumsatzes aus. "Alphabet würde bei härterer Regulierung nicht umfallen", sagt Vermögensverwalter von Wallwitz. Umsätze und Gewinne dürften sich seinen Prognosen zufolge auch in den ersten Monaten des Jahres gut entwickelt haben.
Während Facebook damit zu kämpfen hat, Kunden weiterhin bei der Stange zu halten, kommen Nutzer um Google nicht herum. "Google hat sich im Suchmaschinenmarkt ein Monopol geschaffen und wird auf Dauer bleiben. Es ist weit und breit keine Alternative in Sicht", sagt Hendrik Leber, Geschäftsführer des Frankfurter Vermögensverwalters Acatis. Auf Facebook könnten Kunden notfalls verzichten und andere Dienste nutzen, glaubt er, nicht aber auf den Service, den die Google-Apps bieten. "Eine Gesellschaft ohne die allwissende Suchmaschine ist fast unvorstellbar geworden", sagt Leber.
Zudem versucht Alphabet längst, sich breiter aufzustellen und wird dadurch immer weniger angreifbar. Die Forschungsbudgets von Alphabet beliefen sich 2016 auf gigantische 14 Milliarden Dollar.
Günstige Einstiegschance für Anleger?
Ein immer wichtigeres Geschäft wird Cloud Computing. Ähnlich wie die Wettbewerber Amazon und Microsoft stellt Google Unternehmen, die ihre Informationstechnik ins Internet verlagern wollen, Rechnerkapazitäten zur Verfügung. Mit Amazon konkurriert Google im Geschäft mit digitalen Sprachassistenzen. Das Unternehmen bietet Google Home sowie das Programm Google Assistant an.
Doch während das klassische Anzeigengeschäft beeindruckende Gewinne abwirft, schreiben andere Geschäftsbereiche weiter tiefrote Zahlen. Dazu zählen etwa der Gesundheitsdienstleister Verily oder die Auto-Tochter Waymo, die irgendwann selbstfahrende Autos auf den Markt bringen will. "Viele Investoren befürchten, dass Alphabet viel zu viel Geld verbrennt", sagt Fondsmanager von Wallwitz. Deshalb hätten einige Anleger ihre Beteiligungen an dem Konzern zurückgefahren.
Im Young-Money-Blog schreiben wir über Finanzthemen für Einsteiger.
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Das Spannende an der Börse ist jedoch, dass man das unterschiedlich deuten kann: Stürzt der Aktienkurs um fast zehn Prozent ab wie zuletzt bei Alphabet, kann man sagen, dass der Markt vorerst das Vertrauen in die Firma verloren hat. Oder aber man kommt zum Schluss, dass die Alphabet-Aktie plötzlich günstig ist. Auch wenn das richtige Timing an der Börse immer schwierig ist: Mutige Anleger können den Kursrückgang zum günstigen Kauf nutzen.