Eckpunkte für Tarifvertrag Ryanair einigt sich mit deutschen Piloten
Bis vor einem Jahr akzeptierte Ryanair keine Gewerkschaften. Jetzt hat sich der Billigflieger mit der Vereinigung Cockpit auf Eckpunkte eines Tarifvertrags geeinigt. Streiks während der Feiertage sind damit vom Tisch.
Ryanair-Kunden können aufatmen: Der Billigflieger hat sich mit den deutschen Piloten auf Grundzüge eines Tarifwerks geeinigt. Streiks während der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage drohen damit nicht mehr.
Die Vereinbarung umfasse Eckpunkte zu Bezahlung, Pensionen, Urlaub und Pilotenzulassungen, teilten Ryanair und die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) mit. Die Tarife zu Arbeits- und Vergütungsbedingungen sollen bis Ende Februar besiegelt werden, ein zweites Paket zu Sozialplan und Personalvertretung bis Ende März. "Während dieser Zeit wurde im Hinblick auf die jeweiligen Verträge Friedenspflicht vereinbart", teilte die Pilotenvereinigung mit. Kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr hatte sie den ersten Warnstreik in der Geschichte von Europas größter Billigairline organisiert.
Das Unternehmen und die Gewerkschaft verhandeln seit elf Monaten. Die grundsätzliche Einigung wurde nun mithilfe von Schlichtern erreicht. Ryanair hatte sich im Herbst 2017 dazu durchgerungen, erstmals Gewerkschaften für das fliegende Personal anzuerkennen und Tarifverträge abzuschließen.
Die zähen Verhandlungen in mehreren Ländern zogen sich über das ganze Jahr hin und waren von Streiks mit vielen Flugausfällen begleitet. Nun will die Airline bis Ende März alle Vereinbarungen mit Gewerkschaften in Europa abschließen. Im November hatte sich die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di mit Ryanair ebenfalls schon auf Grundsätze für Tarifverträge geeinigt. Die Verträge mit VC sollen laut Ryanair eine Laufzeit von vier Jahren haben.
Deutliche Gehaltssteigerung für Kapitäne
Für die gut 400 in Deutschland stationierten Piloten sollen die Grundgehälter angehoben und der bisher hohe variable Anteil der Vergütung gesenkt werden, teilte die Pilotengewerkschaft mit.
Ganz junge Co-Piloten könnten mit einer Verdoppelung ihres Fixgehalts auf 50 000 Euro pro Jahr rechnen, heißt es in Papieren der Tarifkommission. Für Kapitäne soll es um bis zu 33 Prozent auf zunächst 100.000 Euro zulegen. Unter dem Strich gebe es leichte Steigerungen des Gesamtgehalts, die aber nicht näher beziffert wurden, weitere jährliche Steigerungen wurden vereinbart.
Ryanair hat laut VC seine Ankündigung bereits umgesetzt, die in Deutschland eingesetzten Piloten selbst anzustellen. Zuvor arbeiteten Piloten häufig über Verleihfirmen für Ryanair. Ab Ende Februar 2019 sollen die Arbeitsverträge auf deutsches Recht umgestellt werden, ab April deutsches Steuerrecht angewendet werden. Wegen der geringeren Steuersätze im Vergleich zu Irland steigt damit das Nettogehalt der Piloten
Auch soll erstmals betriebliche Mitbestimmung mit einer Personalvertretung eingeführt werden. Dabei habe die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes geholfen, nach der Piloten und Flugbegleiter künftig auch ohne geltenden Tarifvertrag Betriebsräte wählen dürfen, sagte VC-Präsident Martin Locher. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte den Tarifkampf bei Ryanair und die Weigerung der Airline, Betriebsräte zuzulassen, zum Anlass für die Gesetzesänderung genommen.
Ryanair musste Gewinnprognose kappen
Die Gewerkschaften kritisieren, schlechte Arbeitsbedingungen hätten Ryanairs Aufstieg zur größten Billigfluggesellschaft Europas ermöglicht. Flugausfälle und Kundenentschädigungen durch die Streiks in mehreren europäischen Ländern zwangen Ryanair dazu, die Gewinnprognose für das bis Ende März laufende Geschäftsjahr auf 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro zu senken.
Nach Einschätzung von Experten könnten höhere Personalkosten den Billigflieger künftig einige Prozentpunkte Rendite kosten - doch auch mit rund 20 Prozent bleibe Ryanair in Europa die mit Abstand profitabelste Airline. Sie fliegt mit einheitlichen Boeing-737-Maschinen mehr als 215 Flughäfen in 37 Ländern an und operiert von 86 Basen in Europa und Nordafrika. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben rund 14.500 Menschen.
mmq/Reuters/dpa