Sorge um Stabilität in Nordkorea Asiens Börsen brechen ein
Die Nachricht vom Tod des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il hat Politiker und Anleger in Asien in Aufregung versetzt: Welchen Kurs schlägt die künftige Führung in Pjöngjang ein? Börsenkurse brachen ein, die Regierungen der Nachbarländer mahnten zur Besonnenheit.
Shanghai - Die Nachbarländer Nordkoreas sind nach dem Tod von Diktator Kim Jong Il in Alarmbereitschaft. Die Unsicherheit darüber, welchen Kurs die künftige Führung einschlagen wird, sorgte auch bei Anlegern für Aufregung. Nordkorea und das Nachbarland Südkorea befinden sich völkerrechtlich seit dem Korea-Krieg in den fünfziger Jahren im Kriegszustand. Die Nachbarn Nordkoreas fühlen sich von Raketen- und Atomwaffentests des Landes bedroht.
Die Börsen in Asien drehten deutlich ins Minus. Am heftigsten fielen die Reaktionen in Südkorea aus. Dort brach der Kospi-Index infolge der Todesnachricht um 4,1 Prozent ein und ging mit einem Minus von 3,4 Prozent aus dem Handel.
In Japan schloss der Nikkei
-Index mit minus 1,3 Prozent. Der Composite-Index in Shanghai sank um 2,6 Prozent. Auch in Taiwan, Singapur, Australien, Neuseeland und Indonesien gaben die Kurse nach.
In Nordkorea wurde bereits verbreitet, dass Kim Jong Un, der Sohn des verstorbenen Diktators, die Geschäfte übernehmen werde. Doch Händler an der Börse in Seoul sagten, mit dem Tod von Kim Jong Il steige die politische Unsicherheit in der Region. Investoren fürchten, dass es in dem kommunistisch geführten Land zu einem Machtvakuum kommen könnte, was wiederum zu mehr Instabilität in der Region führen dürfte. "Die Angst, dass der Tod von Kim Jong Il eine Provokation von Nordkorea nach sich ziehen könnte, treibt die Anleger um und führt zu Verkäufen", sagte Chefanalyst Hiroyuki Fukunaga von Investrust in Tokio.
Die Verunsicherung der Anleger zeigte sich auch im Devisenhandel. In Krisensituationen gilt der Dollar als sicherer Hafen, entsprechend legte die US-Währung am Montag zu. Im fernöstlichen Handel notierte der Dollar zwischenzeitlich bei 78,15 Yen im Vergleich zu 77,86 Yen vor der Todesmeldung.
Japan kondoliert Nordkorea
Die Regierung in Südkorea versetzte die Armee in erhöhte Alarmbereitschaft, mahnte die Bevölkerung aber gleichzeitig zur Besonnenheit. Präsident Lee Myung Bak ließ über einen Sprecher mitteilen, die Bürger sollten wie gewohnt ihrer Arbeit nachgehen. Südkorea werde sich mit den Nachbarländern eng über das weitere Vorgehen abstimmen.
Wie ein Sprecher des Generalstabs sagte, wurde zudem die Luftüberwachung an der Grenze verstärkt. Jede Bewegung der nordkoreanischen Armee werde genau beobachtet. Zunächst sei jenseits der Grenze jedoch nichts besonders passiert.
Lee Myung Bak telefonierte auch mit US-Präsident Barack Obama. Das Weiße Haus in Washington teilte mit, Obama stehe in engem Kontakt mit den Verbündeten in Südkorea und Japan. Die USA engagierten sich weiterhin für Stabilität auf der koreanischen Halbinsel und "für Freiheit und Sicherheit unserer Verbündeten".
Japan berief nach der Todesnachricht seinen Sicherheitsrat ein. Ministerpräsident Yoshihiko Noda wies das Verteidigungsministerium und andere Regierungsstellen an, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. "Wir hoffen, die neue Situation hat keinen negativen Effekt auf die Stabilität und den Frieden auf der koreanischen Halbinsel", sagte Regierungssprecher Osamu Fujimura.
Zugleich sprach er überraschend das Beileid Japans aus. "Die Regierung drückt nach der plötzlichen Nachricht über den unerwarteten Tod des Präsidenten der Nationalen Verteidigungskommission Nordkoreas, Kim Jong Il, ihr Beileid aus", sagte er. Die Regierungen in Tokio und Pjöngjang haben nie diplomatische Beziehungen unterhalten.
USA wollen Nordkorea-Strategie überdenken
Japan und Südkorea hatten in den vergangenen Jahren häufig unter der Unberechenbarkeit von Kim Jong Il zu leiden. Die USA teilten mit, sie wollten ihren Umgang mit nach dem Tod des langjährigen Machthabers möglicherweise auf den Prüfstand stellen. Konkret gehe es dabei um Überlegungen, das isolierte Pjöngjang wieder in Atomgespräche einzubinden und dem Land Nahrungsmittelhilfen zukommen zu lassen, teilten US-Vertreter mit.
Ursprünglich wollte Washington in beiden Fragen noch in dieser Woche zu einer Entscheidung kommen. Kims Tod werde den Entscheidungsprozess jedoch wahrscheinlich verzögern, hieß es. So betrachteten die USA nun jegliche mögliche Veränderungen in der militärischen Haltung Nordkoreas und Südkoreas mit Sorge.
mmq/Reuters/AP/dpa