Deutschlandweiter Bankenvergleich Stiftung Warentest prangert Abzocke mit Dispozinsen an
In der Spitze sind es 14,75 Prozent: Mehr als hundert Banken kassieren laut Stiftung Warentest Dispozinsen von 13 Prozent und mehr. Die größten Abzocker sind die kleinen Institute auf dem Land.
Hamburg - So billig wie derzeit war Geld noch nie: jedenfalls für Banken und Sparkassen. Die Institute können sich für nur 0,5 Prozent Zinsen Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen. Doch von diesen Superkonditionen geben die Kredithäuser nichts weiter, wie die Stiftung Warentest in einer deutschlandweiten Untersuchung von 1538 Banken festgestellt hat. Bis zu 14,75 Prozent Dispozinsen zahlen Kunden, wenn sie ihr Konto überziehen.
Den höchsten Überziehungszinssatz verlangt die Volksbank Feldatal in Hessen mit 14,75 Prozent. 120 Banken kassieren zudem Dispozinsen von 13 Prozent und mehr. Es sind meist kleine Volksbanken, Raiffeisenbanken und Sparkassen, die ihre Kunden so schröpfen. Als bundesweit tätige Bank ist es einzig die Targobank, die mindestens 13 Prozent Zinsen beim Dispo verlangt.
Dass es auch anders geht, zeigen beispielsweise die VR-Bank Uckermark-Randow, die lediglich 4,2 Prozent für den Dispo für ihr Konto "Komfort Plus" verlangt, sowie die Deutsche Skatbank, die von allen Kunden nur einen Dispozins von 5,25 Prozent für ihr online geführtes Girokonto erhebt. So beträgt der Abstand zwischen den günstigsten und teuersten Banken mehr als zehn Prozentpunkte. Im Schnitt hat die Stiftung Warentest einen Zinssatz von 11,31 Prozent ermittelt.
Immerhin: Die Banken, die transparent vorgehen, haben im Vergleich zu den Testergebnissen des vergangenen Jahres meist ihre Zinsen gesenkt. Bei der vorigen Untersuchung hatten 64 Banken einen Zinssatz von unter neun Prozent, bei dieser Untersuchung haben 94 Banken einen Zinssatz von 8,5 Prozent und niedriger.
Dispozinsen sind auch Thema im Wahlkampf. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück etwa fordert eine Deckelung der Überziehungszinsen. Die Bundesregierung lehnt eine gesetzliche Begrenzung dagegen ab - und ist damit einer Meinung mit Martin Blessing. Der Commerzbank-Chef hält einen Dispo-Deckel für gefährlich: "Je billiger das Geld, desto höher verschulden sich die Verbraucher", sagte er kürzlich der "Bild"-Zeitung. Der Dispozins solle "bewusst auch ein Anreiz sein, das Konto nicht langfristig zu überziehen". Die Stiftung Warentest kommentiert: "Hohe Dispozinsen als aktiver Verbraucherschutz: Das ist ein Thema für die 'heute-show'."
Um Kunden Vergleiche zu erschweren, nennen viele Institute die Zinshöhe nicht. In 606 Filialen musste die Stiftung Tester schicken, weil sie auf die schriftliche Anfrage nicht reagiert hatten und ihre Konditionen auch nicht im Internet zu finden waren. Doch auch intensives Nachfragen in den Filialen brachte in 26 Fällen kein Ergebnis, weil die Banken und Sparkassen sich auch vor Ort weigerten, die Höhe des Dispozinses zu nennen. Damit verstoßen sie gegen die Preisangabeverordnung. Diese verpflichtet Banken und Sparkassen, alle Entgelte für wesentliche Leistungen - dazu gehört die Höhe des Dispozinses - im Preisaushang zu veröffentlichen.
Die Volksbanken warfen der Stiftung Warentest Stimmungsmache vor. "Ich kann das Getöse nicht nachvollziehen. Statt Aufklärung über den Mechanismus zu betreiben, der hinter der Preisfindung von Dispozinsen steht, mokiert man sich ausschließlich über die Höhe der Zinsen", sagte der Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), Manfred Götzl, am Dienstag in München.
Anmerkung der Redaktion: Die Stiftung Warentest hat ihre Angaben korrigiert. Aufgrund des Fehlers eines Testers wurde bei der Raiffeisenbank Taufkirchen-Oberneukirchen ein falscher Dispo-Zinssatz genannt. Statt 14,75 Prozent beträgt er bei der Bank 13,25 Prozent. Wir haben die Angaben korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.
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