128 Banken unter der Lupe Wer beim Stresstest zittern muss
Für Europas Banken wird es ernst: Ende des Monats werden die Ergebnisse eines großangelegten Stresstests veröffentlicht. Wer durchfällt, dem droht im schlimmsten Fall die Abwicklung. Auch für deutsche Institute könnte es eng werden.
Hamburg/München - Einmal im Jahr darf sich Martin Blessing wie der Kapitän einer internationalen Großbank fühlen. Pünktlich zur Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds lädt der Commerzbank-Chef die deutsche Finanzgemeinde zur Dampferfahrt auf dem Potomac River in Washington ein. Das aufwendige Event ist ein Überbleibsel aus besseren Zeiten. Eigentlich ist die zweitgrößte deutsche Bank mittlerweile so klein, dass sie international kaum noch eine Rolle spielt.
In den kommenden Wochen könnte sie trotzdem noch einmal in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Am 26. Oktober werden die Ergebnisse des europäischen Bankenstresstests veröffentlicht - eine Art finanzieller Gesundheitscheck von gigantischem Ausmaß. Monatelang hat die Europäische Zentralbank dazu die Bilanzen von 128 Banken durchleuchten lassen, 24 davon aus Deutschland.
Dabei wurde zum einen geprüft, wie solide die Institute nach den strengen EZB-Maßstäben am 31. Dezember 2013 dastanden - und zum anderen, ob sie eine neue Wirtschaftskrise überstehen würden. Nun entscheidet sich, wer den Test bestanden hat - und wer durchgefallen ist.
Wenn man einigen Finanzanalysten glauben darf, gehört die Commerzbank

Für die IKB könnte es eng werden
Düsterer sieht es offenbar für andere deutsche Institute wie die Mittelstandsbank IKB oder die HSH Nordbank aus. Sie gelten in Finanzkreisen als heikelste Wackelkandidaten (siehe Auflistung am Ende des Textes).
Die genauen Ergebnisse erfahren die Banken erst 48 Stunden vor der Veröffentlichung. Doch schon jetzt wissen sie im Grunde, in welche Richtung es für sie geht. Das haben ihnen die EZB-Prüfer in den vergangenen Wochen in Einzelgesprächen signalisiert. Nun schreiben die Prüfer die finalen Ergebnisse auf und legen sie der EZB-Spitze zur Begutachtung vor.
Politiker, Aufseher und Banker setzten große Hoffnungen in den Stresstest. Er soll endlich Klarheit darüber schaffen, wie es um die europäischen Banken wirklich steht. Die Institute, die zu wenig Kapital haben, um eine neue Krise zu überstehen, sollen gezwungen werden, nachzulegen. Bis zu neun Monate haben die Banken dazu Zeit. Wer es bis Mitte nächsten Jahres nicht schafft, muss im Zweifelsfall abgewickelt werden. Insgesamt, so die Hoffnung, werde damit das Vertrauen in die überlebenden Finanzhäuser gestärkt.
Einen Teil ihrer Wirkung hat die Übung schon in den vergangenen Monaten entfaltet: Seit Mitte 2013 haben die Banken ihr Eigenkapitalpolster um mehr als 200 Milliarden Euro aufgestockt. Sie haben neue Aktien ausgegeben, Gewinne einbehalten und riskante Wertpapiere oder Kreditpakete verkauft.
Was die reinen Zahlen im Testergebnis anbelangt, hilft ihnen das zwar nur bedingt. Denn dort wird erst einmal nur berücksichtigt, was zum Stichtag Ende Dezember 2013 bereits vollzogen war. Doch auch wer sich danach noch ausreichend Kapital besorgt hat, steht im Grunde gut da: Er erspart es sich, nun noch einmal auf die Suche gehen zu müssen. In den Testergebnissen wird dies in einem separaten Teil auch noch mal festgehalten.
Große regionale Unterschiede
Eng könnte es dagegen für jene werden, die sich auch jetzt noch nicht ausreichend eingedeckt haben. Sie könnten nach dem Test erst recht Probleme bekommen, an frisches Kapital zu gelangen. Auch wenn Bankenvertreter und Aufseher sich nach Kräften bemühen, das Thema herunterzuspielen: Wer investiert schon gerne in eine Bank, die nach Ansicht der Aufseher nicht ausreichend krisenfest ist?
Sehr schwer abzuschätzen sind auch die Auswirkungen, die der Test auf die Finanzmärkte haben wird. "Wir werden zwei, drei Tage brauchen, um das Ergebnis zu verdauen", meint Jürgen Fitschen, Präsident des privaten Bankenverbands und Co-Chef der Deutschen Bank
. Wie stark die möglichen Turbulenzen tatsächlich werden, hängt vor allem davon ab, wie viele böse Überraschungen es geben wird. Dazu können auch Banken gehören, die den Test zwar offiziell bestanden, aber unter Stressbedingungen doch mehr Kapital verloren haben als von Investoren erwartet.
Experten, die mit dem Test vertraut sind, gehen insgesamt von einem starken regionalen Gefälle in Europa aus. Es gebe zwei bis drei Länder, in denen die Ergebnisse sehr schlecht seien, heißt es. Als heiße Kandidaten gelten etwa Italien oder Zypern.
Auch unter den getesteten Banken aus Deutschland sind einige, die den Test nicht oder nur knapp bestehen werden. SPIEGEL ONLINE nennt die wichtigsten Wackelkandidaten: