Kampf gegen Inflation Erdogan wird Gemüsehändler
Die Lebensmittelpreise in der Türkei explodieren. Nun will die Regierung gegensteuern - mit eigenen Verkaufsstellen für Gemüse. Auch an anderer Stelle weitet der Staat seinen Einfluss auf die Wirtschaft aus.
Im Kampf gegen die Inflation verkauft die türkische Regierung verbilligtes Gemüse künftig direkt an die Bürger. Im Fernsehen waren am Montag lange Schlangen vor Zelten in den Innenstädten zu sehen. Dem Fernsehsender CNN Türk zufolge soll es in der Hauptstadt Ankara 30 Verkaufsstellen geben, in Istanbul sogar 50. Wie viele Verkaufsstellen insgesamt eingerichtet wurden, blieb zunächst unklar.
Die hohen Lebensmittelpreise sind ein Politikum, die Jahresteuerung lag jüngst bei 20,35 Prozent. Der staatliche Gemüsehandel dürfte aber eher Wahlkampf-Strategie sein als eine Erleichterung für das Portemonnaie der 82 Millionen Türken. Am 31. März sind in der Türkei Kommunalwahlen.
Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte während einer Rede in Ankara: So, wie man Terroristen bekämpfe, wolle man jetzt auch jene bekämpfen, die "Lebensmittel-Terror" verbreiteten. Erdogan macht für die Preisanstiege nicht die von seiner Regierung mitverursachte schlechte wirtschaftliche Lage, sondern gierige Händler und "Kräfte aus dem Ausland" verantwortlich.
Besonders teuer sind Lebensmittel und nicht-alkoholische Getränke geworden. Im Januar 2019 kosteten Produkte aus dieser Kategorie im Durchschnitt 30,97 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Bei Paprika waren es dem türkischen Statistik-Institut TÜIK zufolge sogar rund 88 Prozent mehr, bei Auberginen rund 81 Prozent.
Nach den Worten Erdogans soll es ähnliche Initiativen bald auch bei Putzmitteln geben. "Somit werden meine Bürger, meine Schwestern Ayse und Fatma, mein Ahmet und mein Mehmet auf idealste Weise von diesem Rabatt profitieren."
Oppositionspartei CHP soll Isbank-Anteile verlieren
Ausweiten will Erdogan den staatlichen Einfluss auch im Bankensektor. Er kündigte an, eine Beteiligung der Oppositionspartei CHP an der Isbank möglichst rasch auf das Finanzministerium zu übertragen. Dies solle eher früher als später geschehen.
Vor gut einer Woche hatte Erdogan bereits angekündigt, dass das Ministerium den 28-prozentigen Anteil der sozialdemokratischen CHP übernehmen soll. Politische Parteien hätten weder das Recht noch die Befugnis, sich an Bankgeschäften zu beteiligen.
Die Isbank ist das größte börsennotierte Institut der Türkei. Die CHP bekam ihren Anteil seinerzeit vom Staatsgründer der Türkei, Mustafa Kemal Atatürk. Eine Dividende erhält die größte türkische Oppositionspartei nicht. Die Mitglieder der CHP haben aber vier Sitze im Aufsichtsrat. 31,4 Prozent der Isbank sind im Streubesitz, 40,5 Prozent sind im Besitz des Isbank-Pensionsfonds, der Rest liegt bei der CHP.
dab/dpa/Reuters