Werbetour in der EU China schwingt sich zum Euro-Retter auf
Geld für Griechen, Hilfe für Portugal - und jetzt wohl auch Käufe von spanischen Anleihen: China gibt den Euro-Retter. Auf seiner Europa-Tour kündigt Vizepremier Li Keqiang weitere Finanzspritzen an. Doch hinter der kapitalkräftigen Charmeoffensive steckt knallharte Interessenpolitik.
München - Die indirekte Botschaft der chinesischen Regierung an die Europäer ist in den vergangenen Monaten immer deutlicher geworden: "Auf uns könnt ihr euch verlassen. Wir sind eure wahren Freunde im 21. Jahrhundert." Und weil man sich Freundschaft eben auch erkaufen kann, hat Vizeregierungschef Li Keqiang nun weitere Hilfen für die Stabilisierung des Euro angekündigt.
China werde "Pakete zur Finanzstabilität" aufkaufen, um den betroffenen EU-Staaten bei der Überwindung ihrer Schuldenkrise zu helfen, schrieb er am Mittwoch in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" ("SZ"). Peking wolle "mit allen Völkern eine harmonische Welt dauerhaften Friedens und gemeinsamer Prosperität aufbauen", fügte er hinzu.
Den warmen Worten könnten bald Taten folgen: Li trifft am Mittwoch mit Spaniens Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero zusammen. Es wird damit gerechnet, dass er dabei den Kauf spanischer Staatsanleihen ankündigt, um Madrid bei der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise zu helfen.
In einem Beitrag für die spanische Zeitung "El País" hatte Li, der als möglicher Nachfolger des amtierenden Ministerpräsidenten Wen Jiabao gehandelt wird, bereits angekündigt: "China ist ein verantwortlicher, langfristiger Investor, sowohl am europäischen als auch am spanischen Finanzmarkt. China hat Vertrauen in Spaniens Finanzmarkt. Es hat spanische Schatzanleihen gekauft und wird noch mehr kaufen."
China muss 2,6 Billionen Dollar anlegen
In den vergangenen Monaten hatten bereits der chinesische Staats- und Parteichef Hu Jintao bei seinem Besuch in Portugal und Regierungschef Wen Jiabao bei seiner Visite in Griechenland den finanziell angeschlagenen Ländern Unterstützung zugesagt.
Dass China in der Euro-Krise immer offensiver als finanzkräftiger Retter auftritt und schuldengeplagten Ländern hilft, ist alles andere als ein selbstloser Akt. Die kommunistischen Führer wollen politisches Kapital aus der europäischen Schuldenkrise schlagen - und den eigenen wirtschaftlichen Schaden begrenzen. Denn eine Stabilisierung der Euro-Zone inklusive eines starken Euro ist vor allem im ökonomischen Interesse des Exportweltmeisters.
Die zweitgrößte Wirtschaftsnation der Welt hilft sich mit der Stabilisierung des Euro gleich mehrfach selbst. Das Land muss seine gigantischen Devisenreserven irgendwo anlegen. Wegen seines massiven Handelsüberschusses hat China inzwischen die weltgrößten Reserven mit einem Gesamtwert von 2,6 Billionen Dollar angesammelt. Die Volksrepublik ist längst der größte Kreditgeber der USA und finanziert jetzt auch noch die Schulden der Europäer.
Hinzu kommt: Eine Ausweitung der Euro-Krise würde die Nachfrage nach chinesischen Exporten stark bremsen. Europa ist der größte Handelspartner Chinas. Auch würde ein Verfall des Euro die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Exporte treffen. China braucht die ausländische Nachfrage nach seinen Exportprodukten außerdem, um im eigenen Land ausreichend Wirtschaftskraft und Jobs zu schaffen. Nach Meinung von Experten reicht der heimische Konsum nicht aus, um Chinas Wachstum zu tragen.
Mehr deutsche Investitionen
Erwartet wird in China auch ein Entgegenkommen der Europäer in anderen Fragen. Ganz oben auf der chinesischen Wunschliste steht die Aufhebung des seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 geltenden Waffenembargos. Auch will China endlich den Status als Marktwirtschaft eingeräumt bekommen, um sich gegen Dumpingvorwürfe schützen zu können.
Ein Ende der Ausfuhrbeschränkungen für Hochtechnologiegüter nach China wäre der Regierung ebenfalls sehr willkommen. Kein Wunder, dass Li in seinem Beitrag dieses Thema aufgriff. Besonders die Kooperation in der "grünen Wirtschaft" könne verbessert werden. Insgesamt müsse das Investitionspotential besser ausgeschöpft werden, schrieb der Vize-Premier. Dabei sicherte er zu, dass China seine Wirtschaftsgesetze und die Investitionspolitik verbessern, "geistiges Eigentum schützen und ein stabiles, ordnungsgemäßes, transparentes und berechenbares Marktumfeld schaffen" werde.
Alle diese Fragen kann Vize-Premier Li ab Donnerstag mit deutschen Politikern besprechen. Dann kommt er zu einem dreitägigen Besuch in die Bundesrepublik. Unter anderen trifft er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Die dürfte es freuen, dass Li in seinem Beitrag für die "SZ" bereits schmeichelnd um neue Investitionen aus Deutschland warb.
böl/AFP/dpa-AFX