Bericht des Überwachungsrats Uno warnt vor weltweiter Drogenschwemme
Bandenkriege in Mittelamerika, Rauschgifthandel in Afrika, eine Flut neuer Stoffe in Europa - die Vereinten Nationen warnen vor den Auswüchsen des Drogenkonsums. Der Vertrieb illegaler Substanzen über soziale Netzwerke im Internet floriere.
Mehr Hilfe für gesellschaftliche Randgruppen fordert der Drogen-Überwachungsrat der Vereinten Nationen (ICNB). Soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Wandel seien sowohl in Industrienationen als auch in Entwicklungs- und Schwellenländern eine entscheidende Ursache für grassierenden Drogenhandel, warnt der INCB in seinem am Dienstag vorgestellten Jahresbericht 2011.
In Europa nimmt dem Bericht zufolge die Vielfalt der konsumierten Drogen zu; zahlreiche neue Rauschmittel fluten den Kontinent. 2010 wurde die höchste Anzahl neuer Substanzen festgestellt, von denen viele bis dahin nicht internationaler Kontrolle unterlagen, darunter das zu Gruppe der Amphetamine gehörende Mephedron. Den Angaben zufolge ist Europa nach wie vor der zweitgrößte Kokainmarkt weltweit, wobei der Konsum in den Ländern West- und Mitteleuropas stagniert. Dafür steigen sowohl der Kokainmissbrauch als auch der Heroinkonsum in Südost- und Osteuropa, insbesondere in der Ukraine und den Ländern der Russischen Föderation.
Für Afrika ist dem Bericht zufolge insbesondere sein Status als Transitregion für den Drogenschmuggel ein Problem. In Kenia und Tansania seien 2011 Rekordmengen an Heroin beschlagnahmt worden, sagte INCB-Expertin Carola Lander, ohne jedoch Zahlen zu nennen. Der steigende Heroinzufluss in die Region habe auch zu verstärktem Drogenmissbrauch geführt.
Vergewaltigungen unter Drogen
In Mittelamerika und der Karibik habe die eskalierende Gewalt des Drogenkrieges "ein alarmierendes und nie da gewesenes Ausmaß erreicht." Einige mexikanische Drogenkartelle hätten unter dem Druck der Strafverfolgung ihre Aktivitäten in umliegende Länder verlegt, darunter Honduras, El Salvador und Guatemala. Diese Länder haben laut INCB bedingt durch den Drogenhandel gemeinsam mit Jamaika inzwischen die höchsten Mordraten weltweit.
Eine Legalisierung von Drogen zur Eindämmung der Drogenkriminalität lehnt der INCB jedoch ab. "Das wäre nicht hilfreich, um der Kriminalität den Boden zu entziehen", sagte Lander. Etwas anderes sei die Entkriminalisierung des Konsums durch Süchtige. In einem solchen Fall handele es sich um eine Form der medizinischen Verwendung der Drogen.
Ein internationales Problem stellt laut Uno der Einsatz von Drogen bei der Begehung von Sexualstraftaten dar: Immer häufiger würden sogenannte Date-Rape-Drogen eingesetzt. Das Gremium forderte die Regierungen auf, Vergewaltigungsopfer gezielter auf entsprechende Rückstände zu untersuchen, um den Einsatz der Drogen nachweisen zu können.
Drogenpost aus Indien
Verbotene Drogen würden vermehrt auch über das Internet verkauft, besonders an junge Menschen. Der Drogen-Überwachungsrat der Vereinten Nationen warnte in seinem Jahresbericht 2011, illegale Internetapotheken würden neben Medikamenten inzwischen auch immer mehr Drogen vertreiben. Beunruhigend sei besonders, dass die Internetapotheken soziale Netzwerke nutzten, um ein junges Publikum ins Visier zu nehmen und zur Online-Bestellung zu verführen.
"Das kann ein großes Publikum dem Risiko des Konsums gefährlicher Produkte aussetzen", teilte der Präsident des Drogen-Kontrollrats, Hamid Ghodse, am Dienstag in Wien mit. Schon 2012 seien 12.000 internationale Postsendungen mit Drogen beschlagnahmt worden. Ein sehr großer Teil dieser Drogen komme aus Indien, von wo 58 Prozent der im vergangenen Jahr beschlagnahmten Substanzen stammten. Wichtige Herkunftsländer seien auch die USA, China und Polen.
Immer häufiger würden die Drogenkartelle versuchen, chemische Drogen wie Amphetamine oder andere Aufputschmittel aus nicht verbotenen Bestandteilen herzustellen, hieß es in dem Jahresbericht. Darauf müssten die Regierungen verstärkt achten und entsprechende Verbote erlassen, forderte die Drogen-Kontrollbehörde der Uno.
Der Uno-Rat kritisierte scharf, dass Bolivien im vergangenen Jahr das Einheitsabkommen über Betäubungsmittel von 1961 aufgekündigt habe. Das Abkommen definiert Kokablätter als Betäubungsmittel und stellt sie unter strenge Kontrolle. Bolivien als größter Koka-Produzent wolle mit seinem Schritt eine Legalisierung des Koka-Abkommens erreichen.
boj/dapd/dpa