Museumsbesucher Fotografieren schwächt die Erinnerung
Einfach viele Fotos machen, damit man nichts vergisst? Psychologen halten das für keine gute Idee. Menschen, die ständig knipsen, merken sich deutlich weniger, haben sie bei Museumsbesuchern beobachtet.
Jeder hat sie schon erlebt: Touristen, die mit der Kamera vor der Nase knipsend und filmend durchs Museum laufen. Früher machte man vielleicht fünf oder zehn Fotos pro Urlaubstag - in der Ära der Digitalkameras mit Speicherplatz für Tausende Aufnahmen aber drückt man man lieber dreimal mehr ab als einmal zu wenig.
Die Fotos sollen das Gesehene festhalten - doch sie führen dazu, dass Museumsbesucher sich nur schlecht an die abgelichteten Objekte erinnern können. Dies haben Psychologen der Fairfield University (US-Bundesstaat Connecticut) bei einer Studie mit Freiwilligen herausgefunden.
"Leute haben so viel mit ihrer Kamera zu tun, dass sie mitunter nicht mitbekommen, was direkt vor ihren Augen geschieht", sagt die Forscherin Linda Henkel. Diese Beobachtung habe sie auf die Idee gebracht zu untersuchen, ob der Kameragebrauch die Erinnerung beeinflusst.
Kamera vernebelt den Blick für Details
Die Wissenschaftler baten Studenten, an einer Führung durch das Bellarmine Museum of Art an der Fairfield University teilzunehmen. Ein Teil der Probanden sollte dabei Fotos machen, der andere Teil sich die Kunstobjekte einfach nur anschauen. Einen Tag später überprüften die Forscher das Erinnerungsvermögen der Studenten.
Das Ergebnis war eindeutig: Teilnehmer mit Kamera hatten größere Schwierigkeiten, Objekte wiederzuerkennen als jene, die ohne Kamera unterwegs waren. Die Kamera vernebelte offenbar auch den Sinn für Details: Die Studenten konnten selbst fotografierte Objekte weniger gut beschreiben, schreiben die Forscher im Fachblatt "Psychological Science".
"Wenn Menschen sich auf Technik verlassen, hat das einen negativen Einfluss auf ihre Erinnerung", konstatiert Henkel. Ein ähnliches Phänomen kann jeder bei sich selbst beobachten: Wer hat noch mehr als zwei, drei Telefonnummern im Kopf? Früher musste man sich die tatsächlich merken, heute übernimmt dies das Smartphone.
Dass Fotos trotzdem die Erinnerung an einen Museumsbesuch stärken können, will Henkel nicht ausschließen. Nach Meinung der Forscherin hält jedoch die schiere Menge an Fotos viele davon ab, sich diese später noch einmal genau anzuschauen. "Wenn wir uns erinnern wollen, müssen wir die Fotos betrachten und mit ihnen interagieren", sagt die Forscherin. Massenhaftes Fotografieren allein bringe da wenig.
hda