Erbgut-Analyse Jedes Spermium ist anders
Forscher haben das Erbgut einzelner Samenzellen untersucht: Die Spermien eines Mannes unterscheiden sich demnach deutlich voneinander. Auch gegenüber anderen Körperzellen gibt es erstaunlich viele Abweichungen.
91 einzelne Spermien eines gesunden 40-jährigen Mannes hat ein Forscherteam der Stanford University (US-Bundesstaat Kalifornien) genetisch kartiert. Die Wissenschaftler konnten auf diese Weise vergleichen, welche genetischen Varianten ein Mann über seine Samenzellen an Nachkommen weitergeben könnte. Zwischen den einzelnen Spermien gab es deutliche Differenzen, jede von ihnen war genetisch einzigartig.
Auch gegenüber den normalen Körperzellen des Mannes habe sich das Erbgut der Samenzellen an durchschnittlich 23 Stellen unterschieden, berichten die Forscher um Jianbin Wang im Fachmagazin "Cell". Bei einigen Spermien seien sehr viel mehr, bei anderen weniger solcher Rekombinationen aufgetreten. Bei zwei Spermien hätten sogar zwei Chromosomen komplett gefehlt. In jeder der Spermienzellen fanden die Forscher zudem zwischen 25 und 36 Mutationen in einzelnen DNA-Bausteinen. Diese Veränderungen waren neu in den Zellen entstanden. Das Ergebnis hilft zu erklären, wie Eltern ihre Eigenschaften an ihre Kinder weitergeben - und warum Kinder keine Kopien ihrer beiden Elternteile sind.
Die Forscher setzten eine Technologie ein, bei der das Erbgut vollautomatisch aus den einzelnen Spermien isoliert und analysiert wurde. Solche Analysen könnten zukünftig auch dazu beitragen, Fruchtbarkeitsprobleme besser zu verstehen und zu behandeln, hoffen die Forscher.
Denn mit dieser Methode gebe es eine Art Frühwarnsystem: Beispielsweise könne festgestellt werden, ob in den Spermien eines Mannes besonders häufig fehlerhafte Genveränderungen vorkämen, die die Spermien oder den späteren Embryo nicht lebensfähig machten. Die Technologie sei aber auch dazu geeignet, beispielsweise Körperzellen oder Krebszellen individuell genetisch zu analysieren.
Kinder erben ihre Gene von ihren Eltern. Ihr Erbgut ist eine jeweils einzigartige Mischung aus väterlichen und mütterlichen Anteilen. Ursache dafür ist die spezielle Art, auf die Eizelle und Spermien entstehen. Jede Keimzelle enthält nur den halben Chromosomensatz einer normalen Körperzelle - 23 Einzelchromosomen statt 23 Paare. Bevor die Paare bei dieser Teilung getrennt werden, tauschen sie aber noch Gene und auch längere DNA-Abschnitte untereinander aus.
Dadurch trägt jedes Spermium und jede Eizelle bereits einen vorgemischten Cocktail des väterlichen oder mütterlichen Erbguts in sich. "Diese Rekombination erzeugt eine enorme Vielfalt neuer Genmischungen in den Keimzellen - mehr als nur durch die bloße Aufteilung der Chromosomen", erklären die Forscher. Ausmaß und Art dieser genetischen Mischung seien dabei einzigartig für jedes Spermium und jede Eizelle.
wbr/dapd