Genforschung Müll-DNA steckt voller Perlen
Im September verkündete ein Forscher-Verbund das Ende eines Großprojekts: Sie hatten die Regionen im menschlichen Erbgut systematisch untersucht, an denen sich keine Gene befinden - und entdeckten im vermeintlichen Müll vielfältige Aktivität.
Mehr als 400 Forscher waren an einem zehnjährigen Mammutprojekt beteiligt, dessen Ergebnisse im September 2012 schließlich präsentiert wurden: Im Rahmen von "Encode", kurz für "Encyclopedia Of DNA Elements" hätten sie die großen Bereiche des menschlichen Erbguts untersucht, in denen sich keine Gene befinden.
Weniger als zwei Prozent unseres Genoms entfallen auf die etwa 22.000 Gene, die die Baupläne für die vielfältigen Proteine des Körpers enthalten. Aber wozu ist dann der große Rest überhaupt da? Ein Teil, das war schon klar, ist an der Steuerung der Gene beteiligt. Die übrige DNA wurde lange als sogenannter Junk bezeichnet, Müll-DNA also - auch wenn viele Wissenschaftler bezweifelten, dass das Erbgut derart zugemüllt sein könnte.
Die Veröffentlichung von "Encode" zeigte, was für ein gewaltiger Arbeitsaufwand hinter dieses Projekt steckte. In drei verschiedenen Wissenschaftsmagazinen erschienen mehr als zwei dutzend Fachartikel gleichzeitig. "Nature" präsentierte die vielen Facetten des Projekts auf seiner Webseite in einem aufwendigen Special.
Debatte um die 80 Prozent
Die "Encode"-Forscher haben im vermeintlichen Müll viele Perlen entdeckt. Dazu zählen weitere Schalter, die die Aktivität von Genen beeinflussen, und Blaupausen für RNA, die dann nicht weiter in Proteine überschrieben wird. RNA kann aber in Zellen zahlreiche Funktionen erfüllen, etwa die Aktivität eines Gens drosseln oder antreiben. Zudem häuften sich Hinweise darauf, dass Veränderungen in diesen bisher kaum beachteten Erbgut-Regionen durchaus für Krankheiten verantwortlich sein können. Die Erkenntnis beeinflusst die künftige Suche nach schädlichen Mutationen.
Nach der Präsentation entflammte unter Wissenschaftlern eine Debatte um eine zentrale Zahl des Projekts. Die "Encode"-Forscher berichteten, sie hatten 80 Prozent des Genoms eine "biochemische Funktion" zuordnen können. Aber was genau bedeutete das nun? Erfüllen also ganze 80 Prozent eine sinnvolle Aufgabe? Oder sind sie nur irgendwie aktiv? Die Meinungen darüber gehen weiter auseinander. Die Diskussion wird wohl erst durch folgende Experimente gelöst werden.
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- AFP/ CERN
- AFP / Nasa
- MPI für evolutionäre Anthropologie / DPA
- dapd/RoPACS/ J. Pinfield
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- NSICDC/ Julienne Stroeve
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wbr