"SpaceShipTwo"-Unglück Absturz eines Prestige-Projekts
Unglück in Kalifornien: Die Raumfähre "SpaceShipTwo" ist während eines Testflugs abgestürzt. Der britische Eigner Richard Branson erhoffte sich ein Millionengeschäft mit dem Weltraumtourismus. Wie geht es jetzt weiter?
Es ist das zweite Unglück binnen einer Woche. Es ist das zweite Mal innerhalb von nur vier Tagen, dass die private Raumfahrt in Amerika einen Rückschlag erleidet. Als am Dienstag eine unbemannte Antares-Trägerrakete nur Sekunden nach dem Start vor der US-Ostküste explodierte, da kam glücklicherweise kein Mensch zu Schaden. An diesem Freitag aber starb der Co-Pilot der Raumfähre "SpaceShipTwo" beim Absturz während eines Testflugs über der Mojave-Wüste; der Pilot konnte sich retten, offenbar ist er schwer verletzt.
Die Antares-Rakete vom Dienstag sollte Versorgungsgüter zur Internationalen Raumstation ISS transportieren; sie diente also einem Zweck. Der Testflug am Freitag hingegen diente vornehmlich den Prestigeinteressen eines Unternehmers. Das macht dieses Unglück zu einer besonderen Tragödie.
Hinter "SpaceShipTwo" steht die Firma "Virgin Galactic" des britischen Milliardärs Richard Branson. Mit dem Weltraumtourismus meint er, das ganz große Geschäft zu wittern: Per Raumkapsel will er jeweils sechs Menschen für ein paar Minuten in den Weltraum expedieren. So kündigt er das jedenfalls seit dem Jahr 2007 an. Jahr für Jahr.
250.000 Dollar für einen Flug ins All
Die Geschäftsidee des 64-jährigen Branson geht so: Die untere Grenze des Weltraums in 100 Kilometern Höhe passieren, vier Minuten Schwerelosigkeit für die Passagiere, die Welt von oben sehen, 250.000 Dollar pro Person. Das ist das perfekte Marketing für sein Firmen-Universum, das einst aus dem Virgin-Plattenladen hervorging. Heute macht Branson Geschäfte mit einer Airline, Zügen, Mobiltelefonen, Fitness und und und. Zuletzt war die Rede von Kreuzfahrtschiffen und Überschallflugzeugen. Wer kennt nicht das rote Virgin-Markensignet? In Sachen Weltraumtourismus sollen sich mindestens 700 Neugierige vorsorglich einen Platz gesichert haben, darunter Prominente wie Brad Pitt.
Ursprünglicher Plan von Branson war, innerhalb von zehn Jahren rund 50.000 Touristen ins All zu befördern. Im Bundesstaat New Mexico ist bereits der Weltraumbahnhof "Spaceport America" gebaut worden, mit einer drei Kilometer langen Piste. Die Eröffnungsfeier fand im Jahr 2010 statt. Seitdem ist dort nicht viel geschehen.
Die Raketenzündung ging schief
Diesem Konzept zufolge bringt das Trägerflugzeug "WhiteKnightTwo" das "SpaceShipTwo" in eine Höhe von 15 Kilometern. Dort wird das Raumschiff ausgeklinkt, die Passagiere erleben für kurze Zeit den freien Fall, dann startet das Raketentriebwerk. Auf diese Weise dringt die Kapsel in den Weltraum ein, verharrt dort kurzzeitig und segelt daraufhin zurück zur Erde.
Wenn alles gut geht.
Am Freitag ging alles schief. Die genauen Umstände des Unglücks sind noch nicht geklärt. Klar ist: Es war der erste Test mit einer Raketenzündung seit Januar. Seitdem sollen Motor und Treibstoffmischung verändert worden sein. Das Trägerflugzeug stieg auf, entkoppelte "SpaceShipTwo", doch die Raketenzündung ging schief. Wie ein Stein fiel die Kapsel auf die Erde. Branson selbst kündigte daraufhin an, nach Kalifornien zu fliegen.
Es ist nicht das erste Unglück, das "Virgin Galactic" ereilt. Im Jahr 2007 kam es bei einem Raketentest in der Mojave-Wüste zu einer Explosion, bei der drei Menschen starben. Damals wie heute war die Marke "Virgin" in Gefahr. Durch seine Weltraum-Vorstöße hatte sich Branson wachsende Coolness erhofft. Statt Millionen in Anzeigenkampagnen zu setzen, versuchte er über gewagte Aktionen Aufmerksamkeit zu generieren. Ein Konzept, das so ähnlich auch die österreichische Getränkemarke "Red Bull" verfolgt.
Branson inszeniert sich seit Jahren als globaler Tausendsassa. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Alle paar Monate eine pseudorevolutionäre Idee, die seinen Geschäftsinteressen zu dienen vermag. Sein Biograf Tom Bower schreibt: "Es ist immer Bransons vornehmliche Waffe gewesen, Stunts zu inszenieren, um im Gegenzug Aufmerksamkeit zu bekommen." In Amerika habe das lange Zeit nicht funktioniert, etwa als sich Branson vermeintlich nackt an einem Kran hängend in New York zeigte, um auf seine vermeintlich transparenten Handy-Tarife hinzuweisen. Tatsächlich trug der Milliardär hautfarbene Unterwäsche. "Virgin Galactic", so schreibt Bower, war die Chance, echte Aufmerksamkeit in den USA zu generieren.
Spätestens an diesem Freitag ist Richard Branson das auf furchtbare Weise gelungen.
Testflug von "SpaceShipTwo" im Januar 2014: