Mit einjähriger Verspätung Aachener Karlspreis an Rumäniens Präsidenten Johannis verliehen

Klaus Iohannis und seine Frau Carmen auf dem Balkon des Aachener Rathauses
Foto:POOL / REUTERS
Der rumänische Präsident Klaus Johannis hat am Samstag für seine proeuropäische Haltung in Aachen den Internationalen Karlspreis erhalten. Der 62-jährige Johannis wird laut Direktorium für sein Engagement für »Einigkeit, gegenseitige Anerkennung und Versöhnung in Europa« und als »Streiter für die europäischen Werte« geehrt. Die Preisverleihung war eigentlich im vergangenen Jahr geplant, aber wegen der Coronapandemie verschoben worden. Der Preis besteht aus einer großen Medaille und einer Urkunde.
In seiner Dankesrede sagte Johannis, die Europäische Union müsse stärker und widerstandsfähiger werden. Die Union sei »mehr denn je auf Einheit, Solidarität und Zusammenhalt angewiesen sowie auf eine pragmatische Vorgehensweise, die sich auf Handeln und konkrete Ergebnisse konzentriert«. Aus der Sicht Rumäniens könne man nur gemeinsam auf der Höhe der Erwartungen der Bürger sein, »und nicht durch Rückzug oder durch Bildung von engen Kreisen europäischer Integration«, sagte Johannis in seiner auf Deutsch gehaltenen Ansprache im Krönungssaal des Aachener Rathauses.
🇪🇺 Karlspreisträger 2020/21: Mit Klaus Iohannis würdigt das Karlspreisdirektorium einen herausragenden Streiter für die europäischen Werte, für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und einen großen Brückenbauer zwischen Ost und West.#karlspreis2021 pic.twitter.com/T9yfgouTr6
— Stadt Aachen (@PresseamtAachen) October 2, 2021
Laschet nicht dabei
An der Zeremonie nahmen auch frühere Preisträger teil. Darunter waren der SPD-Kanzlerkandidat von 2017, Martin Schulz, der scheidende Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), die litauische Ex-Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite und der erste hauptamtliche Präsident des Europäischen Rates, Herman van Rompuy. Der aus Aachen stammende CDU-Bundesvorsitzende und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, hatte seine Teilnahme abgesagt.
Wegen der Pandemie war das Publikum von sonst über 800 auf nur 350 Teilnehmer verringert worden. Den Preis überreichten Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (parteilos) und der Vorsitzende des Karlspreisdirektoriums, Jürgen Linden. Keupen würdigte Johannis in ihrer Ansprache als einen »wichtigen Mittler und Brückenbauer zwischen west- und osteuropäischen Gesellschaften.«
EU-Ratspräsident Charles Michel würdigte in seiner Rede die Verdienste von Johannis um die Einigung Europas. »Im heutigen Europa gibt es weder Zentrum noch Peripherie. Keine alten oder neuen Mitglieder«, hob er hervor. Michel drängte besonders auf eine Stärkung der EU auch im Bereich der Verteidigung.

Klaus Iohannis und EU-Ratspräsident Charles Michel
Foto:POOL / REUTERS
Als Preisträger nicht unumstritten
Johannis betonte, Rumänien gehöre zu den Staaten, die seit über zehn Jahren de facto wie ein Mitglied des Schengenraums agierten. Der Abschluss dieses Prozesses der Integration sei nicht nur für Rumänien ein Ziel, »sondern sollte auch ein Ziel der Europäischen Union sein«. In Rumänien, Bulgarien und Kroatien gibt es noch Personenkontrollen an den Binnengrenzen.
Johannis wurde 1959 in Sibiu/Hermannstadt im Westen Rumäniens geboren. Er gehört der Minderheit der Siebenbürger Sachsen an. Im Jahr 2000 wurde er zum Bürgermeister seiner Heimatstadt gewählt und danach mehrfach in diesem Amt bestätigt. Seit 2014 ist er Staatspräsident Rumäniens. Im November 2019 war er in einer Stichwahl mit einer Zweidrittelmehrheit erneut zum Präsidenten bestimmt worden, doch seine innenpolitische Bilanz war durchwachsen. Eine hetzerische Aussage gegenüber der ungarischen Minderheit im Land sorgte im vergangenen Jahr für Kritik.
Der Internationale Karlspreis zu Aachen gilt als eine der bedeutendsten Auszeichnungen Europas. Er wird seit 1950 an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben, die sich in führender Position um die europäische Einigung verdient machen.
Unter den Karlspreisträgern sind viele europäische Staatsleute wie der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch US-Präsident Bill Clinton erhielt den Karlspreis. Zuletzt wurde der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, 2019 mit dem Preis ausgezeichnet. Iohannis war im Dezember 2019 als Preisträger benannt worden, die Verleihung hatte sich wegen Corona verzögert.