Maximilian Popp

Rückführungen nach Syrien Seehofers Abschiebe-Populismus

Maximilian Popp
Ein Kommentar von Maximilian Popp
Obwohl die Situation in Syrien die Hölle ist, will Innenminister Seehofer Geflüchtete dorthin abschieben. Es ist ein aussichtsloses Vorhaben – zulasten des Rechtsstaats.
Bundesinnenminister Horst Seehofer: Abschieben in die Hölle

Bundesinnenminister Horst Seehofer: Abschieben in die Hölle

Foto:

Tobias Schwarz/ AFP

Syrien ist kein Staat, sondern die Hölle. Diktator Baschar al-Assad ringt zehn Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs mit Rebell*innen, Milizen, Söldner*innen um die Macht. Nach wie vor lässt sein Regime Kritiker*innen verhaften, foltern, ermorden. Die Wirtschaft ist vollkommen kollabiert. Selbst in Städten wie Damaskus haben Bürger*innen Schwierigkeiten, an Brot zu kommen. 

Trotzdem will Bundesinnenminister Horst Seehofer Menschen in diese Hölle zurückschicken. Der Abschiebestopp für Syrien läuft zum Jahresende aus. Seehofer hat am Wochenende angekündigt, unmittelbar im neuen Jahr Gefährder*innen und Straftäter*innen nach Syrien überstellen zu wollen. 

Zugeständnis an Populist*innen

Die Rechtslage ist eindeutig: Wenn Menschen in ihrer Heimat Unheil droht, Verfolgung, Folter, Hinrichtung, dann dürfen sie nicht dorthin zurückgebracht werden. Genau das aber ist in Syrien der Fall. Das Vorhaben der Bundesregierung ist deshalb eine Farce. 

Seehofer ist sich dessen wohl durchaus bewusst. In einem Zeitungsinterview betonte er auffallend vage, künftig »jeden einzelnen Fall genau prüfen« und »Abschiebungen ermöglichen« zu wollen. 

In der Praxis dürfte es auf absehbare Zeit trotzdem zu keinen Rückführungen kommen. Die Bundesregierung hat Schwierigkeiten, abgelehnte Asylbewerber*innen in Länder wie Tunesien oder Marokko abzuschieben. In Syrien unterhält Deutschland derzeit noch nicht einmal eine diplomatische Vertretung. Es gibt keine Flüge in das Land. 

Seehofers Vorstoß ist deshalb vor allem nach innen gerichtet. Es ist ein Zugeständnis an Populist*innen, die finden, Straftäter*innen sollte jeder Schutz verwehrt werden. 

Der Innenminister beschädigt dabei, gewollt oder nicht, einen der Grundpfeiler der Genfer Flüchtlingskonvention, wonach Menschen in Lebensgefahr Schutz genießen, egal, was sie sich zuschulden kommen lassen.

Zurück in den Tod 

Seehofer rechtfertigt sein Vorhaben mit dem Wunsch, Kriminelle abzuschrecken. »Tun wir das nicht, bedeutet es doch, dass man sich in Deutschland alles erlauben kann – vom Ladendiebstahl bis zum Totschlag«, sagt er. Doch darum geht es nicht – und es stimmt auch schlichtweg nicht. Dafür gibt es hier ein Justizsystem, die Gesetze gelten auch für straffällig gewordene Ausländer*innen. Wer in Deutschland ein Verbrechen begeht, sollte bestraft werden. Er oder sie sollte jedoch nicht in den Tod zurückgeschickt werden.  

Es ist nicht das erste Mal, dass Seehofer den Flüchtlingsschutz infrage stellt. Als griechische Sicherheitskräfte im März an der Grenze zur Türkei scharf auf Geflüchtete schossen und dabei wohl mindestens zwei Menschen töteten, verteidigte der deutsche Innenminister das Vorgehen der Beamt*innen. Griechenland habe die Integrität Europas geschützt, sagte er später im Bundestag. Es war auch Seehofer, der offenbar einen illegalen Pushback der griechischen Küstenwache deckte.

Seehofer ist als Innenminister auch Verfassungsminister. Es wäre schön, er würde diesen Job genauso ernst nehmen wie seine Profilierung als Hardliner.        

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