Afghanistan Taliban lösen Protest von sechs Frauen mit Warnschüssen auf

Mädchen in Afghanistan dürfen wieder zur Schule gehen – aber nur in die Grundschule. Eine Demonstration für eine höhere Schulbildung für Mädchen wurde von den neuen Machthabern mit Gewalt beendet.
Ein Taliban-Kämpfer im Gespräch mit Frauen, die für Schulbildung für Mädchen demonstrieren

Ein Taliban-Kämpfer im Gespräch mit Frauen, die für Schulbildung für Mädchen demonstrieren

Foto: Bulent Kilic / AFP

Die radikalislamischen Taliban haben eine Kundgebung für Frauenrechte gewaltsam aufgelöst. Sechs Aktivistinnen hatten vor einer Schule in Kabul die Rückkehr von Mädchen in weiterführende Schulen gefordert. Die Demonstrantinnen entrollten vor dem Schulgebäude im Osten der afghanischen Hauptstadt ein Banner mit der Aufschrift »Zerbrecht nicht unsere Stifte, verbrennt nicht unsere Bücher, schließt nicht unsere Schulen«.

Die Taliban drängten laut der Nachrichtenagentur AFP die Demonstrantinnen zurück und schlugen einen ausländischen Journalisten, der den Protest filmen wollte, mit einem Gewehr. Ein Taliban-Kämpfer gab Warnschüsse in die Luft ab. Die Protestteilnehmerinnen zogen sich daraufhin in die Schule zurück. Die Kundgebung sei aufgelöst worden, da sie nicht mit den Sicherheitsbehörden abgestimmt worden sei, sagte ein Kämpfer der Islamistenmiliz, die im August wieder die Macht in Afghanistan übernommen hatte. »Sie haben das Recht, in unserem Land zu protestieren, wie in jedem anderen Land auch. Aber sie müssen die Sicherheitsbehörden vorher informieren«, fügte er hinzu.

Mädchen dürfen nur in die Grundschule gehen

Nach der Rückkehr der Taliban an die Macht waren die Schulen in Afghanistan geschlossen worden. Die Grundschulen öffneten inzwischen wieder, auch für Mädchen. Mitte September beorderten die Taliban dann männliche Lehrer und Schüler zurück in die Sekundarschulen. Schülerinnen blieben vom Besuch von weiterführenden Schulen aber ausgeschlossen.

Während der ersten Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001 waren Frauen aus dem öffentlichen Leben weitgehend verbannt. Die derzeitige Taliban-Führung hat eine weniger strikte Auslegung der Scharia, des islamischen Rechts, zugesagt und angekündigt, die Rechte von Frauen zu achten. Allerdings ist es Frauen seit der Machtübernahme der Taliban weitgehend untersagt, in ihre Jobs in Regierungsämtern zurückzukehren.

In den vergangenen Wochen gab es vereinzelte Proteste gegen die neuen Machthaber. Bei einer Demonstration in Herat, im Westen des Landes, wurden Anfang September zwei Menschen erschossen. Seit der Ankündigung der Taliban, hart gegen nicht genehmigte Kundgebungen vorzugehen, gingen die Proteste zurück.

jso/AFP
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