Vorwurf von Amnesty International Taliban sollen Massaker an Hazara-Angehörigen begangen haben

Die Taliban haben bei ihrer Machtübernahme verkündet, dass es ihnen um Frieden und Stabilität in Afghanistan gehe. Laut Amnesty International folterten die Eroberer aber mehrere Männer einer religiösen Minderheit zu Tode.
Taliban-Kämpfer posieren im eroberten Ghazni mit ihrer Flagge

Taliban-Kämpfer posieren im eroberten Ghazni mit ihrer Flagge

Foto: Gulabuddin Amiri / AP

Kämpfer der Taliban sollen in der afghanischen Provinz Ghazni neun Männer der Hazara-Gemeinschaft massakriert haben. Das berichtet die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einer aktuellen Untersuchung.

Die NGO gibt an, nach den mutmaßlich zwischen dem 4. und 6. Juli verübten Massakern mit Augenzeugen in dem Dorf Mundarakht im Bezirk Malistan gesprochen zu haben. Sechs der Männer seien erschossen und drei zu Tode gefoltert worden. Die Menschen vor Ort haben demnach berichtet, dass eines der Opfer verstümmelt und dann mit seinem Schal erwürgt wurde.

Die brutalen Tötungen seien wahrscheinlich nur ein Bruchteil der zuletzt durch die Taliban verübten Morde. Die Taliban hätten in vielen Gebieten, die sie erobert haben, den Handyempfang unterbrochen, wodurch die Weitergabe von Fotos und Videos aus diesen Regionen erschwert werde.

»Die kaltblütige Brutalität dieser Tötungen erinnert an die Vergangenheit der Taliban und ist ein erschreckender Hinweis darauf, was die Taliban-Herrschaft bringen kann«, sagte Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International. »Diese gezielten Tötungen sind ein Beweis dafür, dass ethnische und religiöse Minderheiten auch unter der neuen Herrschaft der Taliban in Afghanistan besonders gefährdet sind.«

Taliban sehen Hazara als Ungläubige

Die Taliban hatten Ghazni am 12. August erobert, nachdem sich schon zuvor weite Teile der Stadt mit circa 180.000 Einwohnern unter ihrer Kontrolle befunden hatten. Nach der Eroberung der Hauptstadt Kabul hatten die Taliban betont, Milde und Recht gelten lassen zu wollen. Es gehe ihnen um Frieden und Stabilität in Afghanistan. Allen, die gegen sie gewesen seien, würde vergeben werden.

Rund vier Millionen Menschen in Afghanistan gehören der Minderheit der Hazaren an. Sie gehören anders als die sunnitische Mehrheit des Landes, überwiegend der schiitischen Konfession an. Bereits in der Vergangenheit wurden sie oft Opfer von Angriffen der Taliban. In den Augen der Islamisten sind sie Ungläubige. Mit dem Siegeszug der Taliban fürchten die Hazara nun Pogrome.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die Massaker seien nach der Machtübernahme der Taliban im August erfolgt. Dies trifft nicht zu, sie geschahen bereits im Juli. Wir haben die Meldung angepasst.

svs

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