Fall Nawalny Duma wirft Berlin "massive Kampagne" gegen Russland vor

Kremltreue Parlamentarier haben dem Bundestag einen Brief zum Fall Nawalny geschrieben. Darin beklagen sie "haltlose Anschuldigungen". Deutsche Abgeordnete zeigen sich empört.
Alexej Nawalny

Alexej Nawalny

Foto: Peter Rigaud / DER SPIEGEL

Das russische Parlament erhebt im Fall Alexej Nawalny schwere Vorwürfe gegen Deutschland. In einem Brief des Ausschusses für Sicherheit und Korruptionsbekämpfung der Staatsduma an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist von "haltlosen Anschuldigungen" der Bundesregierung die Rede, die das Ziel hätten, die deutsch-russischen Beziehungen zu zerstören. Das Schreiben liegt dem SPIEGEL in deutscher Übersetzung vor.

In dem Brief bezeichnen die elf Unterzeichner die mittlerweile von drei Labors bestätigte Vergiftung des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny durch ein Gift der Nowitschok-Gruppe als "massive Kampagne westlicher Medien und einer Reihe deutscher Politiker". Das sei das Ergebnis einer Untersuchung des "Ausschusses für die Untersuchung von Fällen der Einmischung ausländischer Staaten in die inneren Angelegenheiten Russlands".

Der Ausschuss der Staatsduma komme zu dem Schluss, "dass die von westlichen Medien und einer Reihe deutscher Politiker entfachte massive Kampagne im Zusammenhang mit der angeblich gezielten Vergiftung des Bloggers A. Nawalny durch Russland vorsätzlichen Charakter trägt, auf die Auslösung einer Konfrontation gerichtet ist und dem Ausbau der deutsch-russischen Beziehungen Schaden zufügt", heißt es in dem Schreiben vom 24. September.

Die "haltlosen Anschuldigungen" und "gestellten Ultimaten" im Zusammengang mit der "Erkrankung" Nawalnys würden das "solide Gerüst unserer Beziehungen" zerstören, schreiben die russischen Parlamentarier. Das sei im Jahr des 65. Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der UdSSR und der Bundesrepublik "besonders betrüblich". Das kluge Auftreten von Politikern beider Länder habe in der Vergangenheit wichtige Schritte zur Aussöhnung der Völker Russlands und Deutschlands möglich gemacht.

Als Ausschussvorsitzender hat den Brief Wassili Piskarjow von der Kremlpartei Einiges Russland unterschrieben. Piskarjow hat bereits in der Vergangenheit versucht, sich als Beschützer seines Landes einen Namen zu machen. Der von ihm geleitete Ausschuss warf bereits im vergangenen Jahr der Deutschen Welle vor, zu Protesten in Russland aufgerufen zu haben.

Piskarjow und die zehn anderen Ausschussmitglieder schlagen in dem Brief die Einrichtung einer "gemeinsamen Kommission oder Arbeitsgruppe" zwischen Berlin und Moskau vor. Das Gremium, an dem sich auch Abgeordnete von Duma und Bundestag beteiligen sollten, könne die "parlamentarische Kontrolle" über den Fortgang der Ermittlungen im Fall Nawalny ausüben.

"Wir hoffen", schreiben die Duma-Mitglieder, "dass die Abgeordneten des Bundestages alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um die Bundesregierung zu unabhängigen Ermittlungen in ihrem Land und zur Zusammenarbeit mit Russland zu bewegen." Russland habe im Fall Nawalny "maximale Transparenz offenbart".

"Billiger Versuch"

Die Reaktionen in Berlin fielen eindeutig aus. "Völlig abwegig" nannte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Nils Schmid den russischen Vorschlag für eine gemeinsame Kommission. Es sei Moskaus Aufgabe, die Vergiftung Nawalnys aufzuklären, sagt Schmid. Er habe allerdings "erhebliche Zweifel am Aufklärungswillen der russischen Seite".

FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai sprach von einem "billigen Versuch, Mitglieder des Bundestages zu beeinflussen". Der Brief sei "ein weiterer Schritt der Strategie, das Kremlnarrativ über den Fall Nawalny im Bundestag und der deutschen Öffentlichkeit zu verbreiten und die deutliche deutsche Position zu verwässern".

csc
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