Demos wegen Lira-Chaos und Mietpreisen Dutzende Festnahmen bei Protesten gegen Erdoğan

Tausende Gegner von Präsident Erdoğan sind in Ankara und Istanbul wegen der umstrittenen Zinspolitik der Regierung auf die Straßen gegangen. Es soll viele Festnahmen gegeben haben.
Gewerkschaftsdemonstration am Sonntag in Istanbul: »Die Menschen verarmen«

Gewerkschaftsdemonstration am Sonntag in Istanbul: »Die Menschen verarmen«

Foto: ERDEM SAHIN / EPA

Angesichts der Währungskrise in der Türkei haben in Istanbul und Ankara zahlreiche Menschen demonstriert. In der Metropole Istanbul gingen nach Angaben der Veranstalter am Sonntag Tausende auf die Straße. Die Demonstrierenden versammelten sich im asiatischen Teil der Stadt und hielten Schilder hoch mit der Aufschrift: »Es reicht!« Die linke Gewerkschaft Disk hatte zu dem Protest aufgerufen.

In Ankara wurden unterdessen mindestens 90 Studierende festgenommen, wie die Initiative »Wir finden keinen Unterschlupf« mitteilte. Sie hatten trotz eines Demonstrationsverbots des Gouverneurs versucht, sich in der Hauptstadt zu versammeln. Studierende protestieren seit diesem Sommer mit verschiedenen Aktionen gegen hohe Mieten und fordern bezahlbaren Wohnraum. Auf Twitter kursierten auch Aufnahmen, die zeigen sollen, wie Demonstranten schon vor der Stadtgrenze von Ankara von der Polizei festgesetzt wurden.

Ausgelöst wurden die Proteste durch den stetigen Verfall der Landeswährung Lira (TL) und der hohen Inflation, die nach offiziellen Angaben mehr als 20 Prozent beträgt. In Istanbul etwa hat sich das Leben nach Angaben der Stadtverwaltung innerhalb eines Jahres um mehr als 50 Prozent verteuert. Den höchsten Preisanstieg verzeichnet demnach Sonnenblumenöl mit einem Plus von rund 138 Prozent.

Der Generalsekretär der Gewerkschaft Disk, Adnan Serdaroğlu, warnte im Sender Halk TV: »Die Menschen verarmen.« Er forderte eine deutliche Anhebung des monatlichen Mindestlohns von aktuell rund 3600 TL brutto (rund 230 Euro). Arzu Çerkezoğlu, Vorsitzende der Disk-Gewerkschaft, sagte bei der Kundgebung am Sonntag vor zahlreichen Anhängern : »Wir haben die Preissteigerungen und die Ungerechtigkeit satt!«

Hintergrund der Lira-Krise ist nach Ansicht von Kritikern unter anderem die Einmischung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan in die Geldpolitik der Notenbank. Erdoğan drängt immer wieder auf niedrige Zinsen und vertritt entgegen gängiger volkswirtschaftlicher Lehre die Ansicht, hohe Zinsen förderten die Inflation.

hpp/dpa
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