Krawalle in Buenos Aires Argentiniens Vizepräsidentin Cristina Kirchner droht lange Gefängnisstrafe

Zwölf Jahre Haft und eine lebenslange Ämtersperre für Cristina Kirchner – das fordert die argentinische Staatsanwaltschaft. Der Grund: Betrug und Korruption. Ihre Anhänger protestieren nun massiv.
Argentiniens Vizepräsidentin Cristina Kirchner bei einer Rede vor ihrem Haus

Argentiniens Vizepräsidentin Cristina Kirchner bei einer Rede vor ihrem Haus

Foto: Rodrigo Abd / dpa

Nach schweren Vorwürfen gegen die argentinische Vizepräsidentin Cristina Kirchner in einem Korruptionsverfahren haben sich ihre Anhänger und Polizisten vor der Wohnung der ehemaligen Staatschefin gewalttätige Auseinandersetzungen geliefert. Gefolgsleute der linken Politikerin versuchten bei einer von mehreren Solidaritätskundgebungen in Buenos Aires eine polizeiliche Absperrung rund um Kirchners Haus im Viertel Recoleta zu durchbrechen. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, dennoch gelang es den Demonstranten, nahe an Kirchners Haus heranzukommen.

Demonstranten in Buenos Aires

Demonstranten in Buenos Aires

Foto: LUIS ROBAYO / AFP

Die ganze Woche über hatten sich abends Hunderte Menschen vor Kirchners Haus versammelt, um zu singen und Parolen wie »Cristina als Präsidentin« oder »Das Volk liebt Cristina« zu skandieren. Kirchner zeigte sich kurz der Menge und warf der rechtsgerichteten Stadtverwaltung von Buenos Aires und deren Polizei vor, verhindern zu wollen, »dass das Volk sich ausdrückt«. Die Vizepräsidentin rief die Demonstranten zugleich auf, »sich ein bisschen ausruhen zu gehen, denn der Tag war lang«. Danach versicherte die 69-Jährige ihren Anhängern: »Ich liebe euch! Ihr seid alle meine Kinder«.

Kirchner soll Staat um eine Milliarde US-Dollar betrogen haben

Die Staatsanwaltschaft hatte kürzlich im Prozess gegen Kirchner zwölf Jahre Haft und eine lebenslange Sperre für öffentliche Ämter gefordert. Sie soll Anführerin einer kriminellen Vereinigung gewesen sein und den Staat um rund eine Milliarde US-Dollar gebracht haben. Gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann, Ex-Präsident Néstor Kirchner, habe sie einem befreundeten Bauunternehmer ohne Ausschreibung eine ganze Reihe von öffentlichen Aufträgen beschafft, hieß es. Ein Teil der überhöhten Baukosten floss demnach später wieder an das Ehepaar Kirchner zurück.

Nach dem Schlussplädoyer Anfang der Woche versammelten sich aus Solidarität zahlreiche Anhänger Kirchners vor deren Wohnung; einige kampierten auf den Gehwegen des eleganten Viertels Recoleta. Die Polizei räumte aufgrund von Beschwerden der Nachbarn den Straßenabschnitt und stellte Sperren auf. Präsident Alberto Fernández kritisierte den Einsatz. »Ich verurteile die institutionelle Gewalt, die von der Stadtverwaltung gegen eine Demonstration von Bürgern, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzen, ausgeübt wurde«, schrieb der Staatschef auf Twitter.

Außer in Buenos Aires hatten am Samstag unter anderem auch in Tucumán, Córdoba und Bahia Blanca Tausende Kirchner-Anhänger demonstriert, wie örtliche Fernsehsender und die staatliche Nachrichtenagentur Telam berichteten.

Kirchner warf der Staatsanwaltschaft einen politisch motivierten Prozess vor. Das Urteil dürfte erst Ende des Jahres fallen. Die 69-jährige Vizepräsidentin und Senatspräsidentin genießt Immunität. Sollte Kirchner zu einer Haftstrafe verurteilt werden, müsste der Oberste Gerichtshof des südamerikanischen Landes entscheiden, ob er diese Immunität aufhebt.

jpa/dpa/afp
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren