Heimliche Entmachtung von Ministern Australiens Regierung will Verhalten von Ex-Premier Morrison untersuchen

Australiens früherer Premier Scott Morrison übernahm in der Pandemie verdeckt die Kontrolle in fünf Ministerien. Der zweithöchste Jurist des Landes hält das für rechtlich einwandfrei – übt aber gleichzeitig Kritik.
Scott Morrison: Australiens früherer Premier hatte zwischen März 2020 und Mai 2021 auch die Kontrolle über die Ressorts Gesundheit, Finanzen, Inneres, Energie und Ressourcen sowie über das Schatzamt

Scott Morrison: Australiens früherer Premier hatte zwischen März 2020 und Mai 2021 auch die Kontrolle über die Ressorts Gesundheit, Finanzen, Inneres, Energie und Ressourcen sowie über das Schatzamt

Foto: Flavio Brancaleone / dpa

Australiens früherem Premierminister Scott Morrison droht in der Affäre um die heimliche Entmachtung mehrerer Minister eine Untersuchung. Zwar bewertet ein Gutachten der zweithöchsten Justizbehörde des Landes das Verhalten des Politikers als rechtsgültig. Für die australische Regierung ist der Fall damit jedoch nicht abgeschlossen.

Der derzeitige Premierminister Anthony Albanese sagte, das Gutachten zeige, dass die geheime Besetzung von Ministerien eine verantwortungsvolle Regierung »grundlegend untergraben« habe. Sein Kabinett sei übereingekommen, dass »eine weitere Untersuchung« in dieser Angelegenheit notwendig sein werde.

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass Morrison sich in der Coronapandemie verdeckt mehrere Ministerposten verschafft hatte. Der amtierende Premierminister Albanese erklärte, dass sein Vorgänger zwischen März 2020 und Mai 2021 neben seiner Funktion als Premierminister auch die Kontrolle über die Ressorts Gesundheit, Finanzen, Inneres, Energie und Ressourcen sowie über das Schatzamt hatte. Ohne dies offiziell zu verkünden, ließ sich der Ex-Premier von Generalgouverneur David Hurley vereidigen und gab sich so weitreichende Befugnisse.

Seither steht Morrison in der Kritik. Auch in dem Gutachten sieht Premier Albanese eine »sehr klare Kritik« an den Auswirkungen auf die parlamentarische Demokratie Australiens, sagte er am Dienstag vor Reportern.

Topjurist kritisiert Folgen für Öffentlichkeit

In dem Dokument prangert der Solicitor-General Stephen Donaghue, nach Generalstaatsanwalt Mark Dreyfus der zweithöchste Jurist des Landes, an, dass die Öffentlichkeit und das Parlament nicht über die Ernennung Morrisons für die Posten informiert worden sei. Dies sei »unvereinbar mit den in der Verfassung festgeschriebenen Konventionen und Praktiken zur Bildung einer verantwortungsvollen Regierung«, heißt es darin.

»Denn es ist für das Parlament und die Öffentlichkeit unmöglich, die Minister für die ordnungsgemäße Verwaltung bestimmter Ressorts zur Rechenschaft zu ziehen, wenn die Identität der Minister, die für die Verwaltung dieser Ressorts ernannt wurden, nicht bekannt gegeben wird.« Einen Rechtsbruch konnte Donaghue jedoch nicht feststellen. Die Ernennung Morrisons sei rechtsgültig gewesen, heißt es in dem Dokument.

asc/Reuters
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