Nach Ryanair-Vorfall EU verhängt Sanktionen gegen Verteidigungsminister von Belarus

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko (r.) mit seinem Verteidigungsminister Viktor Chrenin (l.)
Foto: Pavel Orlovsky / APDie Europäische Union erhöht den Druck auf Belarus nach der erzwungenen Landung eines Ryanair-Flugzeugs. Gegen mehrere hochrangige Politiker wurden Sanktionen verhängt – darunter Verteidigungsminister Viktor Chrenin und Verkehrsminister Alexej Awramenko. Das geht aus einer im EU-Amtsblatt veröffentlichten Liste hervor. Für die Betroffenen gelten Einreise- und Vermögenssperren. Insgesamt befinden sich nun 166 Personen auf der Sanktionsliste.
Belarus hatte Ende Mai eine Ryanair-Maschine zur Landung in Minsk gebracht und den regierungskritischen Blogger Roman Protassewitsch und seine Freundin festnehmen lassen .
In der ehemaligen Sowjetrepublik gibt es seit der Präsidentenwahl am 9. August vergangenen Jahres anhaltende Proteste gegen den Machthaber Alexander Lukaschenko, der sich nach der umstrittenen Abstimmung zum Wahlsieger erklären ließ. Bei den Protesten gab es mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen. Menschenrechtsaktivisten kritisieren Folter in den belarussischen Gefängnissen.
Bei einem Treffen der EU-Außenminister verständigten sich die Mitgliedstaaten in Luxemburg zudem darauf, weitere Wirtschaftssanktionen gegen Lukaschenko und Dutzende andere Unterstützer zu verhängen. Die neuen Strafmaßnahmen sollen die Kali- und Düngemittelindustrie sowie Mineralölunternehmen und den Finanzdienstleistungssektor des Landes ins Visier nehmen. Der Beschluss soll schon in den nächsten Tagen umgesetzt werden.
»Wir wollen auf die Art und Weise einen Teil dazu beitragen, dass dieses Regime finanziell ausgetrocknet wird«, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD). Er räumte ein, dass die Sanktionen unerwünschte Nebenwirkungen für die deutsche Wirtschaft mit sich brächten. »Wir werden auch im Energiebereich, wo es Verbindungen gibt, sicherlich betroffen sein.« Dass viele Länder bereit seien, eigene Einbußen in Kauf zu nehmen, sei ein Zeichen dafür, dass man sehr entschlossen sei.
Von den geplanten Sanktionen gegen den belarussischen Finanzdienstleistungssektor werden EU-Kreisen zufolge unter anderem österreichische Banken betroffen sein. Die Auswirkungen auf den Energiebereich in Deutschland ergeben sich demnach daraus, dass Belarus viele Erdölprodukte nach Deutschland exportiert. Sie machten 2020 laut der belarussischen Botschaft in Berlin rund 37 Prozent der Ausfuhren des Landes in die Bundesrepublik aus. Zudem werden Angaben von Diplomaten zufolge die Tabakindustrie sowie Unternehmen, die zum Beispiel Waffen oder Überwachungstechnik anbieten, betroffen sein.
Verbunden mit Putin
Befürchtungen, dass die Strafmaßnahmen Lukaschenko noch stärker in die Arme des russischen Präsidenten Wladimir Putin treiben, wurden in Luxemburg zurückgewiesen. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis verwies darauf, dass Lukaschenko schon jetzt mit Putin so verbunden sei, dass man ihn gar nicht enger drängen könne. Ähnlich äußerte sich Landsbergis zufolge auch die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die zu einem Frühstück mit den EU-Ministern eingeladen war. Tichanowskaja hatte die EU zuvor schon immer wieder zu schärferen Strafmaßnahmen aufgefordert.