Belarus Kolesnikowa stellt Strafanzeige wegen Morddrohungen

Oppositionelle Marija Kolesnikowa: Beamte hätten ihr bei der Verhaftung einen Sack über den Kopf geworfen
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Sicherheitskräfte sollen sie mit dem Tod bedroht haben bei dem Versuch, sie auszuweisen: Die belarussische Oppositionspolitikerin Marija Kolesnikowa hat nach ihrer Entführung Strafanzeige gegen die Behörden wegen Morddrohung gestellt. Das teilte sie am Donnerstag in einer Stellungnahme mit.
Die Anzeige richtet sich demnach gegen den Geheimdienst KGB und gegen die Sonderpolizei zur Bekämpfung organisierter Kriminalität. Kolesnikowa wirft ihnen darin auch Entführung und Androhung einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren vor. Die Politikerin nennt nach Angaben ihres Stabs in Minsk die Namen der Beamten, die sie bedroht und ihr einen Sack über den Kopf gezogen hätten. Und sie betonte, dass sie die Männer bei einer Gegenüberstellung identifizieren könne.
Kolesnikowa war viele Jahre in der Kulturszene in Stuttgart aktiv, dann entwickelte sie sich zu einer Schlüsselfigur der Proteste gegen den belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko, der das Land seit 26 Jahren autoritär regiert und dem die Opposition Betrug bei seiner Wiederwahl am 9. August vorwirft.
Seit ihrer Verschleppung sitzt sie in Minsk in Untersuchungshaft. Sie soll an diesem Donnerstag von Ermittlern vernommen werden. Sie war am Montag entführt und unter Androhung von physischer Gewalt aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Sie sollte in das Nachbarland Ukraine abgeschoben werden. Die Sicherheitskräfte hätten ihr gesagt: entweder "lebendig oder zerstückelt", schrieb Kolesnikowa. Sie habe aber ihren Pass vor dem Grenzübergang zerrissen und so ihre Abschiebung vereitelt. Sie habe Quetschungen von der gewaltsamen Aktion davongetragen, teilte ihre Anwältin Ljudmila Kasak am Mittwochabend nach einem Treffen mit ihr mit.
Die Vorwürfe gegen die Oppositionelle bezeichnete ihre Anwältin Kasak als "absurden" Versuch, Andersdenkende mundtot zu machen. "Marija fühlt sich gut und wacker trotz des erlebten Stresses in den vergangenen zwei Tagen", sagte Kasak. Bei Kundgebungen für eine Freilassung Kolesnikowas am Mittwoch in Minsk kam es zu zahlreichen Festnahmen. Die Sorge um die Politikerin ist groß. Belarus vollstreckt als einziges Land in Europa noch die Todesstrafe - durch Genickschuss.