Minsk Mehr als 300 Festnahmen bei Sonntagsprotest in Belarus

Den 16. Sonntag in Folge sind Tausende in Belarus auf die Straßen gezogen, um gegen Machthaber Lukaschenko zu protestieren. Statt einer großen Demo gab es mehrere kleine Märsche.
Demonstrantinnen und Demonstranten in Minsk

Demonstrantinnen und Demonstranten in Minsk

Foto: Uncredited / dpa

Bei den Sonntagsprotesten in Belarus gegen Machthaber Alexander Lukaschenko sind laut Innenministerium 313 Menschen festgenommen worden. Das Ministerium in Minsk bestätigte am Montag zugleich den Einsatz von Tränengas und Blendgranaten gegen Demonstrantinnen. Zudem hätten Sicherheitskräfte Warnschüsse in die Luft abgefeuert. Die Behörden behaupteten, Demonstranten hätten Widerstand geleistet. Die Menschen hätten Aufforderungen ignoriert, die nicht genehmigten Aktionen zu beenden. Die Behörden erlauben lediglich Kundgebungen und Autokorsos zur Unterstützung Lukaschenkos.

Belarus steckt seit der Präsidentenwahl am 9. August in einer schweren innenpolitischen Krise. Der 66-jährige Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Die Opposition sieht die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin.

Mehrere kleine Märsche

Offiziell hatte die Opposition die Aktion diesmal als »Marsch der Nachbarn« angekündigt. Es war der 16. Protestsonntag in Folge. Tausende Menschen beteiligten sich an dem Protest. Statt einer großen Demonstration gab es mehrere kleinere Märsche. Zunächst hatten sich die Menschen in ihren Wohnvierteln versammelt und sich dann zu größeren Protestzügen zusammengeschlossen.

In Videos war zu sehen, wie Sicherheitskräfte Demonstranten bis in die Innenhöfe von Wohnanlagen verfolgten. Immer wieder wurden Menschen in Kleinbusse gezerrt. Das Menschenrechtszentrum Wesna listete am Montag die Namen von 424 Festgenommenen auf.

Zudem waren sechs Metrostationen in Minsk gesperrt. Auch das mobile Internet war weitgehend abgeschaltet. Damit wollten es die Behörden erschweren, sich zu Versammlungen zu verabreden. Es gab außerdem Berichte, dass einige Wohnviertel ohne Strom waren.

Das Protestpotenzial nehme ab, behauptete das Innenministerium. Die Opposition sieht dagegen ihre neue Strategie des dezentralen Protests als Antwort auf die massive Polizeigewalt gegen friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten.

mfh/dpa
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