Hunderttausend Demonstranten erwartet Opposition in Belarus ruft zu 'Marsch des Stolzes' auf

Die Opposition in Belarus hofft bei neuen Protesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko auf Hunderttausend Demonstranten. Bei einem sogenannten Marsch des Stolzes sollten die Menschen im ganzen Land ab 13 Uhr lautstark ihr Recht auf Neuwahlen einfordern, heißt es in einem Aufruf der Demokratiebewegung. Damit sollten die Belarussen dem Machtapparat zeigen, dass sie auch zwei Monate nach der umstrittenen Präsidentenwahl keine Furcht hätten. "Wir werden zeigen, dass wir unermüdlich nach Freiheit, Fortschritt und Veränderung streben."
Es ist bereits das neunte Wochenende in Folge, an dem die Menschen in der Ex-Sowjetrepublik auf die Straße gehen. Die Proteste an Sonntagen haben traditionell den größten Zulauf. Lukaschenko drohte bereits mit einem harten Vorgehen. Die Demonstranten fordern seinen Rücktritt, die Freilassung aller politischen Gefangenen sowie faire und freie Neuwahlen.
Lukaschenkos Besuche im Gefängnis
Noch am Samstag hatte sich Präsident Lukaschenko überraschend mit inhaftierten Vertretern der Opposition getroffen. Das Gespräch im Gefängnis des Geheimdienstes KGB in Minsk habe mehrere Stunden gedauert, teilte die Regierung mit. Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja erklärte zu dem Treffen: "Man kann keinen Dialog in den Mauern eines Gefängnisses führen."
Die Präsidentschaft veröffentlichte Videoausschnitte und ein Foto des Treffens, an dem unter anderem der ehemalige Präsidentschaftskandidat Viktor Babaryko teilnahm. Er war bis zu seiner Festnahme im Juni der wichtigste Herausforderer Lukaschenkos vor der Präsidentenwahl am 9. August. Auf dem Video wirken die inhaftierten Oppositionellen blass und ernst.
"Ich versuche, nicht nur Ihre Anhänger, sondern die gesamte Gesellschaft zu überzeugen, dass man die Dinge aus einem größeren Blickwinkel sehen muss", sagt Lukaschenko in dem kurzen Videoausschnitt zu den Inhaftierten. "Die Verfassung schreibt sich nicht auf der Straße." Wie und unter welchen konkreten Umständen es zu dem Gespräch kam, blieb unklar.
"Zeichen der Schwäche"
Dass Lukaschenko jetzt zu den Inhaftierten ins Gefängnis ging, werteten Vertreter der Opposition als Zeichen der Schwäche. Das Treffen zeige, "dass wir auf dem richtigen Weg sind", schrieb Pawel Latuschko vom oppositionellen Koordinierungsrat. "Lukaschenko fühlt sich gezwungen, sich mit denen zu einem Gespräch zusammenzusetzen, die er selbst hinter Gitter gebracht hat."
Seit der offiziellen Ausrufung Lukaschenkos gibt es in Belarus Massenproteste, die Opposition fordert seinen Rücktritt und Neuwahlen. Die Sicherheitsbehörden gehen brutal gegen die Demonstranten vor - trotzdem reißen die Proteste nicht ab. Auch die EU erkennt den offiziell verkündeten Wahlsieg Lukaschenkos nicht an und hat Sanktionen gegen politisch Verantwortliche verhängt.