Roman Protassewitsch Inhaftierter Oppositioneller muss an Pressekonferenz teilnehmen

Das belarussische Regime hat den inhaftierten Journalisten Roman Protassewitsch erneut öffentlich vorführen lassen – dieses Mal auf einer Pressekonferenz im Außenministerium.
Roman Protassewitsch bei der Pressekonferenz in Minsk

Roman Protassewitsch bei der Pressekonferenz in Minsk

Foto: Viktor Tolochko / picture alliance / dpa / Sputnik

Seit mehr als drei Wochen sitzt Roman Protassewitsch in Belarus in Haft. Jetzt wurde der oppositionelle Blogger und Aktivist am Montag wieder der Öffentlichkeit vorgeführt. Dieses Mal wurde er neben hochrangige Beamte des belarussischen Regimes platziert.

Sie hielten eine Pressekonferenz im Außenministerium ab. Anwesend waren Journalisten vor allem belarussischer und russischer Medien sowie Mitarbeiter von Botschaften.

Die Behörde hatte zuvor angekündigt, ein Pressebriefing geben zu wollen, in dem es insbesondere um die Minsker Sicht auf den zur Landung gezwungenen Ryanair-Flug gehen sollte. In dem Passagierflugzeug mit 126 Menschen an Bord hatte Protassewitsch am 23. Mai gesessen. Er war mit seiner Freundin Sofja Sapega aus der Maschine heraus festgenommen worden .

Protassewitsch äußerte sich am Montag zu seinem Zustand, seiner Freundin, den Eltern und der belarussischen Opposition in Warschau und Vilnius.

Es war nicht klar, unter welchen Umständen Protassewitsch an der Pressekonferenz teilnehmen musste. DER SPIEGEL zitiert seine Aussagen deshalb nicht.

Neben dem Aktivisten saß mit etwas Abstand der Chef des Ermittlungskomitees, das gegen ihn strafrechtlich vorgeht. Der Beamte listete die angeblichen Vergehen Protassewitschs auf, unter anderem soll er »Massenunruhen« organisiert haben, so nennt das Regime die Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko.

Zwangsgeständnis und Zwangsinterview

Es ist davon auszugehen, dass der Oppositionelle massiv unter Druck gesetzt wird, auch weil seine Freundin Sofja Sapega, eine russische Staatsbürgerin, weiter in Minsk in Haft sitzt. Protassewitsch musste bereits in einem kurzen Video nach seiner Verhaftung seine angebliche Schuld eingestehen, zudem ein ausführliches Interview mit einem regimetreuen Journalisten für das Staatsfernsehen führen.

Auch am Montag wirkte der 26-Jährige sehr nervös. Anwesende im Saal in Minsk bestätigten dies.

Ein Korrespondent der BBC verließ das Pressezentrum des Außenministeriums, nachdem klar geworden war, dass sich dort auch Protassewitsch äußern würde. »Wir sind einfach rausgegangen. Nicht mitmachen, wenn er eindeutig unter Zwang dort ist«, schrieb der Journalist Jonah Fischer dazu auf Twitter:

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Tatjana Korowenkowa, Mitarbeiterin der privaten Nachrichtenagentur Belapan, wandte sich während der Pressekonferenz als einzige mit Worten der Unterstützung an Protassewitsch: »Roman, ich fühle aufrichtig mit Ihnen.« Dies würden auch viele der Kolleginnen und Kollegen in Belarus tun, sagte die Journalistin weiter. »Ich kann mir vorstellen, was sie mit Ihnen machen könnten. Und ich glaube kein Wort von dem, was Sie sagen. Halten Sie einfach durch und überstehen das.«

Zuletzt hatte Protassewitsch in der litauischen Hauptstadt Vilnius gelebt. Dort hatte er einen regimekritischen Telegram-Kanal geleitet. Bekannt war er durch seine Arbeit beim oppositionellen Telegram-Kanal »Nexta« im polnischen Warschau geworden, dem während der Massenproteste im Spätsommer 2020 wichtigsten Kanal.

heb
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